Nationenpreis Beerbaum und Becker: Das Ende einer besonderen Beziehung
Barcelona (dpa) - Das letzte Mal startet Rekordreiter Ludger Beerbaum in Barcelona für die deutsche Nationalmannschaft. Und auch für Otto Becker könnte es der letzte Nationenpreis als Bundestrainer sein.
Wer die ganz besondere Beziehung von Beerbaum und Becker verstehen will, der sollte am besten 14 Jahre zurückschauen. Beerbaum schrie den damals amtierenden Weltcup-Gewinner der Springreiter in Donaueschingen an: „Lern' du erstmal reiten.“ Anlass war das Nationenpreis-Finale, genau das Turnier, bei dem Beerbaum von Donnerstag an das letzte Mal für die deutsche Nationalmannschaft reitet.
Heute lachen der 53 Jahre alte Beerbaum und der 57-jährige Becker, wenn sie auf den Vorfall angesprochen werden. Sie ritten 2002 zusammen im deutschen Team - Becker fehlerfrei, Beerbaum mit 16 Strafpunkten - und wurden Letzter. Entsprechend war die Stimmung. „Wir sind ab und zu mal zusammengerasselt“, sagt Becker, der einen langen gemeinsamen Weg mit Beerbaum zurückgelegt hat. Nun endet er.
Beide arbeiteten als junge Männer bei Paul Schockemöhle. Sie ritten oft gemeinsam im Nationalteam, etwa beim Olympiasieg 2000 in Sydney. Oder 2004 in Athen, als das deutsche Team die goldenen Medaillen wieder abgeben musste, weil bei Beerbaums Pferd Goldfever ein nicht erlaubtes Medikament nachgewiesen wurde. Becker war lange Zeit stinksauer.
Die Streitereien der beiden hatten zuweilen hohen Unterhaltungswert, vor allem wegen Beerbaum. „Hätte Otto noch eine Zigarre im Mund, würde er mich stark an Rudi Assauer erinnern, der über die Bayern zetert“, gehört zu dieser Sammlung von Beerbaum-Sprüchen.
„Wir waren ja damals als Aktive auch noch Konkurrenten“, sagt Becker, der nun im achten Jahr Bundestrainer ist. In dieser Zeit bestimmte er auch über die Einsätze des viermaligen Olympiasiegers Beerbaum im Nationalteam. „Ich musste auch Entscheidungen gegen ihn oder seine Reiter treffen.“
Diese spezielle Konstellation gibt es am Wochenende in Barcelona das letzte Mal. Beerbaum hatte am Tag nach Olympia-Bronze in Rio de Janeiro seinen Rücktritt angekündigt. Zudem hat Becker noch nicht entschieden, ob er als Bundestrainer weitermachen will.
Es klingt ein wenig Wehmut mit, wenn Becker über die gemeinsame Zeit spricht. „Er hat uns auf Trab gehalten“, sagt der Bundestrainer vor Beerbaums 134. und letztem Einsatz in der Nationalmannschaft. „Er fordert einen, und das tat mir und dem Team auch gut.“
Der oft emotionale und manchmal aufbrausende Beerbaum und der eher ruhige Becker - sie haben sich immer wieder und immer mehr zusammengerauft. Und sie haben auch in dieser speziellen Konstellation gemeinsam Siege gefeiert, so wie 2011 bei der EM in Madrid.
„Wir haben viel diskutiert, auch konträr. Am Ende hatten wir aber immer das gleiche Ziel“, sagt Becker. „Wir hatten trotz allem immer ein vertrauensvolles Verhältnis. Man konnte mit ihm Dinge absprechen, auch in schwierigen Zeiten.“
Beerbaum war ja immer viel mehr als nur ein Weltklassereiter im deutschen Team und der erfolgreichste Pferdesportler der zurückliegenden 25 Jahre. Er war auch stets der Meinungsführer. Was ihn aus Beckers Sicht dabei besonders auszeichnet: „Er denkt über den Tellerrand hinaus. Und er lässt sich mit Argumenten überzeugen.“
Nach den letzten zwei Runden in Barcelona ist - je nach Abschneiden - am Freitag- oder Samstagabend in der Nationalmannschaft Schluss. Beerbaum reitet als Privatmann weiter bei Turnieren, kümmert sich mehr um seine vielfältigen Geschäfte.
Ob er irgendwann mal Bundestrainer wird? „Der Job wäre mir zu langweilig“, hat Beerbaum vor ein paar Jahren mal gesagt. Noch so einer seiner Sprüche, bei denen Becker schmunzeln muss. „Eins kann ich sagen, mit ihm als Reiter war der Job nie langweilig.“