Das Derby - ein Klassiker und die Pferdesport-Moderne
Hamburg (dpa) - Der mächtige Wall, die Planken, Pulvermanns Grab - die Hindernisse auf dem berühmten Springparcours in Hamburg-Klein Flottbek flößen auch heute noch den meisten Springreitern Respekt ein.
Das meiste Geld bei dem Turnier, das am Mittwoch beginnt, gibt es in dem Klassiker am Sonntag aber nicht zu gewinnen. Die Stars der Szene kommen vor allem wegen des Großen Preises von Hamburg. Da geht es um viele Euros und Punkte für die Millionenserie Global Champions Tour.
Was macht das deutsche Spring-Derby so besonders?
Es ist der Parcours. Er wurde von dem Kaufmann und Springreiter Eduard F. Pulvermann 1920 entworfen und ist seitdem nahezu unverändert geblieben. Der Kurs ist ca. 1230 Meter lang, rund dreimal so lang wie in einer normalen Prüfung. Insgesamt müssen Pferd und Reiter 17 Naturhindernisse überwinden. Der Sieger erhält das Blaue Band. In diesem Jahr gibt es in dem Springen am Sonntag die Rekordsumme von 120 000 Euro zu gewinnen.
In den bisherigen 85 Derby-Auflagen gab es 150 Null-Fehler-Ritte. Der erste Reiter, der ohne Strafpunkt blieb, war 1935 Herbert Neckelmann mit Raubritter. Dennoch siegte er nicht, da auch Günter Temme mit Egly ohne Fehler über die Hindernisse kam und anschließend das Stechen gewann. Pulvermann selbst schaffte es nie, seinen Parcours fehlerfrei zu bewältigen.
Rekordsieger ist der Brasilianer Nelson Pessoa mit sieben Erfolgen. Insgesamt vier Reiterinnen holten sich das Blaue Band, die letzte war vor 40 Jahren Caroline Bradley aus Großbritannien.
Ist so ein Springen auf einem solchen Platz noch zeitgemäß?
Nein. Früher wagten sich noch die Top-Reiter mit ihren Championats-Pferden auf den Derby-Platz. Heute fehlen die Stars in der Starterliste. „Die Pferde, die das Derby gehen können, sind ganz andere“, meint Bundestrainer Otto Becker. Solche Spezialisten haben nur die wenigsten im Stall. Es dauert, bis diese Pferde die Derby-Reife haben. Und ihre Einsatzmöglichkeiten sind begrenzt.
So erklärt sich, warum in den vergangenen Jahren nicht immer die Reiter aus der ersten Championats-Reihe im Derby triumphierten. Im Vorjahr gewann Nisse Lüneburg zum zweiten Mal nach 2012 mit Calle Cool.
Wie kann sich das Derby mit einem nicht mehr zeitgemäßen Parcours gegenüber der Konkurrenz der Millionen-Turniere behaupten?
Ohne die Global Champions Tour wäre das Turnier in Hamburg heute eine Veranstaltung von bestenfalls regionaler Bedeutung. Das gibt auch Veranstalter Volker Wulff zu. „Wenn wir den Schritt nicht gemacht hätten, hätten wir heute sicherlich nicht den Stellenwert“, sagt Wulff, der seit 2000 für das Derby verantwortlich ist. Seit 2008 ist Hamburg eine Station der lukrativsten Springsport-Serie der Welt. Mittlerweile ist die Hansestadt auch die einzige in Deutschland.
Was ist dieGlobalChampions Tour?
Eingeführt wurde die Serie 2006 durch den ehemaligen niederländischen Springreiter Jan Tops. In diesem Jahr stehen 15 Turniere auf dem Tour-Programm. Die Gesamtdotierung liegt bei zehn Millionen Euro . Neben dem hohen Preisgeld bei den einzelnen Turnieren verteilt der Veranstalter am Ende der Serie im November einen Bonus von einer Million Euro unter den besten 18 Reitern der Gesamtwertung. Viele Spitzenreiter richten inzwischen ihre Saisonplanung nach der Serie aus. Bislang einziger deutscher Gesamtsieger war 2010 Marcus Ehning.
Wie viel Geld gibt es im Rahmen derGlobalChampions Tour in Hamburg zu gewinnen?
Im Großen Preis am Samstag werden 300 000 Euro ausgeschüttet. Das lockt unter anderen den Weltranglisten-Ersten und deutschen Meister Daniel Deußer nach Hamburg. Ebenso hat sich der Ranking-Zweite und Team-Olympiasieger Scott Brash aus Großbritannien angesagt. Und auch der viermalige Olympiasieger Ludger Beerbaum ist gemeldet.
Wie hoch ist die Gesamtdotierung des Turniers in Hamburg?
Auch dank der Global Champions Tour wird erstmals in diesem Jahr die 900 000-Euro-Marke geknackt.
Gibt es auch ein Dressur-Derby?
Ja, aber es steht im Schatten des Spring-Derbys, obwohl es auch schon die 57. Auflage ist. Die Besonderheit: Im Finale am Sonntag müssen die vier Teilnehmer nicht nur mit dem eigenen, sondern auch mit den Pferden ihrer Konkurrenten reiten.