„Wimbledon“ für Springreiter Der Derby-Parcours: Erfinder Pulvermann blieb nie fehlerfrei

Hamburg (dpa) - Das deutsche Spring-Derby ist eine Institution im Reitsport. Der dreimalige Sieger André Thieme vergleicht es mit „Wimbledon im Tennis“. Auch wenn mittlerweile die Top-Paare in der Starterliste fehlen, zieht die Hatz über den Wall oder Pulvermanns Grab die Zuschauer an.

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Die wichtigsten Fakten zum 88. Spring-Derby:

DER PARCOURS:

Er wurde vom Kaufmann und Springreiter Eduard F. Pulvermann 1920 entworfen und ist seitdem nahezu unverändert geblieben. Der Kurs ist etwa 1250 Meter lang, rund zwei- bis dreimal so lang wie bei einer normalen Prüfung. Insgesamt müssen Pferd und Reiter 17 Naturhindernisse überwinden, die der holsteinischen Landschaft angelehnt sind. Der Sieger erhält das Blaue Band. Das Springen am Sonntag ist mit 120 000 Euro dotiert.

DER ERFINDER:

Eduard F. Pulvermann wurde am 2. September 1882 in Hamburg geboren. Von den Nationalsozialisten verfolgt, starb er nach dreijähriger Haft in Fuhlsbüttel und im KZ Neugamme am 9. April 1944 in einem Lazarett in seiner Heimatstadt. Im Parcours erinnert eine Gedenktafel an einem Baum an den Derby-Erfinder.

DIE BERÜHMTESTEN HINDERNISSE:

Das wohl berühmteste trägt Pulvermanns Namen: Pulvermanns Grab. Es ist das 14. Hindernis und besteht aus einem Steilsprung. Danach folgt in einer Senke ein 1,70 Meter breiter Wassergraben. Anschließend geht es bergauf bis zum Aussprung.

Am markantesten auf dem Gelände ist der drei Meter hohe Wall. Oben ist ein 1,15 Meter hohes Hindernis. Wenn Pferd und Reiter den Wall herunterkommen, bleibt nur ein Galoppsprung, um die dahinter stehende 1,65 Meter hohe Planke zu überwinden.

ANFORDERUNGEN FÜR DIE PFERDE:

Früher starteten die Top-Reiter mit ihren Championats-Pferden. Doch die Anforderungen für das Derby unterscheiden sich mittlerweile deutlich von denen üblicher Kurse. Spezialisten haben nur wenige Reiter im Stall. Die Einsatzmöglichkeiten dieser Pferde auf anderen Springplätzen sind begrenzt.

Um den Parcours zu bewältigen, brauchen sie viel Mut. Sie müssen großes Vertrauen zum Reiter haben, dazu konditionsstark und mit einem enormen Sprungvermögen ausgestattet sein.

NULLFEHLERRITTE:

In den bisherigen 87 Derby-Auflagen gab es 151 Nullfehlerritte. 2015 war Christian Glienewinkel bei seinem Sieg mit Aircare der einzige, dem das Kunststück gelang. Derby-Erfinder Pulvermann schaffte es nie, fehlerfrei über seinen Parcours zu kommen.

Der erste Reiter, der ohne Strafpunkt blieb, war 1935 Herbert Neckelmann mit Raubritter. Dennoch siegte er nicht, da auch Günter Temme mit Egly ohne Fehler über die Hindernisse kam und anschließend das Stechen gewann.

SIEGER:

Rekordsieger ist der Brasilianer Nelson Pessoa mit sieben Erfolgen. Insgesamt vier Reiterinnen holten sich das Blaue Band, die letzte war 1975 Caroline Bradley aus Großbritannien. Im vergangenen Jahr beendete der Ire Billy Twomey mit Diaghilev nach 19 Jahren die Serie der deutschen Sieger.