Hamburger Derby Dreifachsieger Thieme: „Man braucht Mut, Mut, Mut“
Hamburg (dpa) - Seit einigen Jahren dient André Thieme als Werbefigur des deutschen Reit- und Spring-Derbys in Hamburg. Auf den Plakaten und dem Programmheft zum Klassiker in Klein Flottbek ist der Springreiter zu sehen, wie er mit seinem einstigen Erfolgspferd Nacorde den berühmten Wall herunterkommt.
Vor zehn Jahren holte das Duo erstmals das Blaue Band für den Derby-Sieg. 2008 und 2011 triumphierten Thieme und der Wallach erneut.
„Das Derby ist gleichzusetzen mit Wimbledon im Tennis“, sagt der 42 Jahre alte Mecklenburger. „Jeder Reiter träumt davon, einmal mitzureiten. Und jeder bessere Reiter möchte einmal hier gewinnen.“ Seine Erkenntnis aus seinen zahlreichen Ritten über den einzigartigen Parcours: „Er erfordert Mut, Mut, Mut - von Reiter und Pferd.“
Der Deutschen Presse-Agentur beschreibt Thieme die Besonderheiten der 17 Hindernisse auf dem 1250 Meter langen Kurs:
1. Rick (Höhe: 1,38 m): „Nicht unterschätzen. Es steht in einer Gasse: rechts der Wall, links die Zuschauer. Wenn das Pferd noch nicht richtig wach ist, kann es sich erschrecken.“
2. Doppelrick (1,42 und 1,47 m/Breite: 1,70 m): „Für einen zweiten Sprung extrem breit. Viele Pferde machen hier die Grätsche. Sie unterschätzen, wie breit das Hindernis ist.“
3. Irische Wälle: „Sollte man geübt haben. Sind ungewohnt für Pferde. Das Pferd sollte mit Vertrauen hoch und runter. Wenn es hier nicht läuft, dann sieht es für den Wall nicht gut aus.“
4. Wassergraben (Breite: 3,80 m): „Man muss ihn sehr konzentriert anreiten. Das Besondere: eine Absprunghilfe fehlt.“
5. Palisade (1,65 m): „Hier fällt am wenigsten etwas. Man muss aber ein mutiges Pferd haben, da die Palisade sehr hoch und mächtig ist.“
6. Wall (Höhe: 3 m/Hindernis oben: 1,15 m): „Man muss einen guten Rhythmus haben. Über das Hindernis oben mit viel Gefühl rüber, um nicht vor der Kante zu doll durchparieren zu müssen. Hoffentlich haben Reiter und Pferd das geübt. Die Pferd müssen Vertrauen haben.“
7. Planke (1,65 m): „Da ist einfach viel Glück dabei, um gleich nach dem Wall über die Planke zu kommen. Das kann man nicht zu 100 Prozent planen. Das Pferd muss richtig reagieren. Einmal wegrutschen, und man hat keine Chance mehr.“
8. Trakehner Graben (1,48 m): „Größte Fehlerquelle, weil einen Meter hinter dem Hindernis das Wasser ist. Eine optische Täuschung für die Pferde. Pferde fallen oft drauf rein. Aufmerksamkeit ist gefragt.“
9. Tor (1,61 m): „Das sollte nicht das Problem sein. Ein sehr hoher Sprung. Bei einem Gatter sind Pferde von sich aus aufmerksam.“
10. Birkenoxer (1,53 m/1,90 m): „Man braucht Rhythmus und muss ein bisschen mithelfen mit Blick auf den Buschoxer.“
11. Buschoxer (1,52 und 1,53 Meter/1,90 Meter breit): „Große Gefahrenquelle. Hier passieren auch Unfälle. Wegen des Busches zwischen den Stangen denken die Pferde in der Luft, wie bei den Irischen Wällen aufsetzen zu können. Man muss etwas attackieren.“
12. Eisenbahnschranken (1,52 und 1,53 m/Abstand: 7,60 m): „Die Pferde springen hier von sich aus vorsichtig. Dennoch muss man auch diese Hindernisse trainiert haben. Pferde können Angst kriegen und verweigern. Vertrauen ist wichtig.“
13. Koppelgatter (1,63 m): „Eine Fehlerquelle, weil es zum wiederholten Male weg vom Ausgang geht. Da kommen die ersten Ermüdungserscheinungen beim Pferd. Der Tank ist leer. Daher gibt es hier vermehrt Fehler mit der Hinterhand. Kraft ist gefragt.“
14. Pulvermanns Grab (1,53 m und 1,49 m/Abstand: 17,10 m mit Wassergraben, Breite: 1,70 m): „Genau anreiten. Der Reiter muss mit aller Macht die Aufmerksamkeit vom Pferd kriegen. Die Pferde sehen das Wasser in der Mitte und nehmen den Einsprung nicht für voll.“
15. Feldstein Mauer (1,67 Meter hoch): „Die Pferde springen mit viel Respekt von allein darüber.“
16. Holsteiner Wegesprünge (1,53 und 1,59 m/Abstand: 13,20 m): „Da hat man das Pferd am Rennen. Man muss es vor dem Hindernis auf die Hinterbeine bekommen. Genaues Anreiten erforderlich. Und wieder eine optische Täuschung. Die Pferde gucken schnell zum Graben dahinter.“
17. Ziegelmauer (1,62 m): „Wenn man bis dahin null ist, bleibt man in der Regel null. Es sei denn, der Reiter ist nervös“
ZUR PERSON: André Thieme zählt seit Jahren zur deutschen Springreiter-Elite. Neben seinen Derby-Siegen feierte der Nationenpreisreiter vor allem bei hochdotierten Turnieren in den USA Erfolge. Er lebt mit seiner Familie in Plau am See. Zum 88. Derby hat er den erst neunjährigen Hengst Contadur mitgebracht.