Der lange Weg zurück - Kutscher: „Letzte Chance“

Leipzig (dpa) - Marco Kutscher redet vor der Reise nach Leipzig nicht lange herum. „Das ist meine letzte Chance“, sagt der Springreiter vor dem Weltcup-Turnier in der Messestadt.

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„Ich brauche dringend Punkte“, erklärt Kutscher, der nach einer Verletzung in der vergangenen Saison in einer schwierigen Situation steckt.

Seit mehr als zehn Jahren gehört Kutscher zu den weltweit erfolgreichsten Sportlern seines Metiers. 2004 war er in Athen mit zwei Bronzemedaillen der beste deutsche Springreiter bei den Olympischen Spielen, 2005 gewann er bei der EM im San Patrignano mit Montender sogar Doppel-Gold. Seitdem gehört der inzwischen 38-Jährige fast durchgängig zu den Top 20 der Weltrangliste.

Jetzt liegt er auf Rang 79. Eine hartnäckige Verletzung hat Kutscher im vergangen Jahr rund drei Monate außer Gefecht gesetzt. „Das ist schon eine relativ lange Zeit“, sagt der deutsche Meister von 2003 über seine Zwangspause wegen eines Muskelfaserrisses im Adduktorenbereich. „Jedes Wochenende sind Turniere, die anderen reiten weiter, da rutscht man ab“, erklärt Kutscher und hat festgestellt: „Erfolg ist vergänglich.“

Wer so weit hinten in der Weltrangliste liegt, bekommt keinen automatischen Startplatz für die Weltcup-Turniere wie die Top 10. Er darf auch nicht bei der hoch dotierten Global Champions Tour mitreiten wie die Top 30.

Dabei sieht sich der Reiter aus Riesenbeck als Angestellter von Luder Beerbaum nicht nur wegen des weiterlaufenden Gehalts in einer „sehr guten Position. Die Pferde sind die ganze Zeit weiter trainiert worden“, erklärt Kutscher: „Das wäre anders, wenn ich alleine einen Stall hätte.“

Dass Kutscher abgerutscht ist, hat noch einen zweiten Grund. Es liegt auch am Generationenwechsel bei seinen Pferden. Cornet Obolensky ist in die Zucht verabschiedet worden, Cash kann er mit 18 Jahren nicht mehr so häufig einsetzen. „Er hat derzeit kein absolutes Top-Pferd“, sagt Bundestrainer Otto Becker mit Blick auf die WM im September: „Vielleicht kommt für die nächsten Jahre etwas nach.“

Kutscher sagt, mit Colestus und Cole Porter habe er zwei Klassepferde für die Zukunft: „Aber man muss ihnen noch ein bisschen Zeit lassen.“ Dabei reitet er mit Cornet Cristallo derzeit sogar ein Pferd, das „alles mit der linken Arschbacke“ könnte. Nach seiner Verletzungspause gewann Kutscher schon drei Springen mit dem elfjährigen Westfalen.

Allerdings ist der Wallach sehr eigenwillig, wie er am vergangenen Wochenende in Basel eindrucksvoll und zum Ärger von Kutscher bewies. Am Freitag trug Cornet Cristallo seinen Reiter noch locker zum Sieg, am Sonntag im Großen Preis verweigerte er. Für einen Einsatz in der deutschen WM-Mannschaft wäre solch ein launisches Pferd ein viel zu großes Risiko.

Für ein anderes Ziel ist Cornet Cristallo allerdings geeignet: die Qualifikation für das Weltcup-Finale in Lyon, die inoffizielle Hallen-WM. „Da will ich hin, wenn es irgendwie geht“, sagt Kutscher. Dafür jedoch muss er in Leipzig, der siebten von zehn Stationen der westeuropäischen Weltcup-Serie, endlich punkten.