„Märchen-Prinzessin“ hinterlässt im Reitverband Chaos

Caen (dpa) - Als sie vor acht Jahren die Wahl gewann, galt Haya bint al Hussein vielen als „Märchen-Prinzessin“. Eine Frau von nur 32 Jahren als Präsidentin der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI), dazu aus Jordanien - das war eine kleine Sensation.

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Die in England ausgebildete Frau versprach Aufbruch, Modernität und Fortschritt in dem verstaubten Verband. Doch ihre Arbeit am der FEI-Spitze gilt heute als umstritten und belastet, vor allem durch die Dopingfälle ihres Ehemanns. Und mit ihrer vor zwei Wochen verkündeten Entscheidung, sich von ihrem Amt zurückzuziehen, hat die jordanische Prinzessin den Weltverband nun in ein heilloses Chaos gestürzt.

Völlig unerwartet hatte Haya bint al Husseins Entschluss die Reitsport-Funktionäre getroffen. Sie verkündete nur 20 Tage vor Ablauf der Bewerbungsfrist am 1. September, auf eine dritte Amtszeit zu verzichten. „Ich war vom Donner gerührt“, bekannte Hanfried Haring, FEI-Vorstandsmitglied und Präsident der European Equestrian Federation (EEF). Und Breido Graf zu Rantzau, der Präsident des deutschen Verbandes FN, sagte: „Das kam sehr plötzlich, damit hätte ich nicht gerechnet.“

Fast panisch begann die Suche nach einem passenden Bewerber. „Wir müssen versuchen, einen Kandidaten für ganz Europa zu finden, nicht mehrere“, sagte der deutsche Verbandschef vergangene Woche. Das war genau zwei Tage bevor der Däne Ulf Helgstrand und der Franzose Pierre Durand ihre Bewerbungen bekanntgaben. Zuvor hatte bereits der Schweizer Pierre Genecand seine Kandidatur verkündet.

Am Montag sagte der deutsche Verbandschef am Rande der WM in Caen: „Das ist grundsätzlich nicht gut. Wir müssen uns auf einen europäischen Kandidaten einigen, sonst geht das schlecht aus.“ Das soll bei einer Sitzung der EEF versucht werden.

Auch auf anderen Kontinenten wird in aller Eile nach Kandidaten gefahndet. „Ich weiß, dass die kräftig am rühren sind“, sagte Haring. Aber ausgerechnet bei den Europäern herrscht derzeit das größte Durcheinander.

Vor vier Jahren wollten sie die Wiederwahl der jordanischen Prinzessin verhindern und scheiterten dabei kläglich. Kleinlaut hatten sich anschließend fast alle europäischen Funktionäre sogar mit einer dritten Amtszeit abgefunden. Bis die 40-Jährige die FEI „rockte“, wie es der britische „Telegraph“ nannte.

Ob ihr Rückzug freiwillig war? Ob Ehemann Muhammed bin Raschid Al Maktoum, Oberhaupt des Emirats Dubai und beim Doping erwischter Distanzeiter, den Verzicht seiner Zweitfrau verlangte? Das lässt sich nicht klären. Offiziell nannte die 40 Jahre alte Halbschwester des jordanischen Königs ihre zwei Kinder und ihre wohltätige Arbeit vor allem in Gaza als Gründe.

Steckt eine gewiefte Taktik der arabischen Föderationen dahinter, die womöglich einen starken Mann installieren wollen? Seit Jahren fürchten europäische und amerikanische Verbände, dass vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate das in der Wüste so beliebte Distanzreiten ins Olympia-Programm drücken wollen. Als möglicher Präsidentschafts-Kandidat gilt Sheik Khalid Bin Abdulla Al Khalifa aus Bahrain, der bereits im FEI-Vorstand sitzt. Spätestens am kommenden Montag müsste er seine Kandidatur einreichen.