Springreiter feiern Silber nach Dressur-Gold
Herning (dpa) - Die Anspannung entlud sich in lautem Jubel: Die deutschen Dressur-Damen feierten nach dem eigenen Gold am Abend die Silbermedaille der Springreiter und rissen die Arme in die Höhe.
„Wie geil ist das denn“, rief Dressur-Bundestrainerin Monica Theodorescu, als auch die Spring-Equipe eine packende Aufholjagd mit einer Medaille gekrönt hatte. „Das war unglaublich spannend!“
Ludger Beerbaum rettete dem Team die Medaille, als er mit Chiara als letzter Starter ohne Fehler blieb. „Das war ein Krimi hoch 10“, kommentierte der zuvor höchst angespannte Springreit-Trainer Otto Becker am Donnerstagabend im dänischen Herning. Die als Titelverteidiger angetretene Equipe musste sich mit 12,77 Strafpunkten nur Großbritannien (12,18) knapp geschlagen geben. Bronze ging an Schweden (13,44).
„Es war bis zum Ende offen“, sagte Becker: „Von Platz eins bis Platz sechs war vor dem letzten Reiter alles möglich. Die Mannschaft hat klasse gekämpft.“ FN-Sportchef Dennis Peiler lobte: „Wir haben zwei packende Aufholjagden mit krönendem Abschluss gesehen.“
Bester Deutscher in Herning bleibt Deußer, der als Startreiter mit einer makellosen Runde begann. „Unglaublich, wie er springt“, lobte der 32-Jährige seinen Wallach Cornet D'Amour: „Er gibt mir das Gefühl, dass die Hindernisse noch höher sein könnten.“ In der vom Briten Ben Maher angeführten Einzelwertung liegt Deußer nun als Vierter knapp vor Beerbaum.
Enttäuschend war auch am dritten Tag der Auftritt von Nagel mit Corradina. Wie in den vorherigen beiden Runden hatte der 50-Jährige aus Norderstedt mit seiner Stute erneut einen Abwurf - dazu kam noch ein Zeitfehler.
Verbessert zeigte sich hingegen Ahlmann mit Codex One. Der 38 Jahre alte Reiter aus Marl blieb ruhig und steuerte seinen Hengst sicher und fehlerfrei über die Hindernisse. „Der Diesel ist jetzt warm“, scherzte Ahlmann, der an den Vortagen jeweils einen Abwurf hatte. Die Entscheidung fiel mit Schlussreiter Beerbaum. Im Sattel seiner Stute Chiara ritt der 49-Jährige aus Riesenbeck ohne Fehler, dann war die Medaille sicher. „Besser kann sie nicht springen“, jubilierte Beerbaum.
Der dritte Tag der EM hatte mit ausgelassenem Jubel begonnen. „Sie ist die Heldin“, rief Dressurreiterin Isabell Werth, als Helen Langehanenberg noch im Sattel ihres Hengstes Damon Hill saß. „Das ist super-geil!“ Als Schlussreiterin rettete Langehanenberg dem deutschen Dressur-Team mit ihrem famosen Ritt zur Mittagszeit das EM-Gold, das morgens fast schon verloren schien. „Ich bin fix und fertig“, kommentierte Bundestrainerin Monica Theodorescu den unglaublich knappen Sieg mit nur 0,684 Prozentpunkten vor den Niederlanden. „So eine Runde auf den Punkt genau kriegt man nur einmal hin. Das war Spitze!“
Dank Langehanenberg gewann die Mannschaft erstmals seit 2005 wieder EM-Gold. Die 31-Jährige aus Billerbeck blieb cool, obwohl Kristina Sprehe aus Dinklage mit Desperados zuvor eine fehlerhafte Vorstellung abgeliefert und den Sieg in Gefahr gebracht hatte. „Ich habe gezittert wie noch nie“, berichtete Sprehe von ihrem Gefühl während Langehanenbergs Ritt: „Ich kann gar nicht glauben, dass es doch noch geklappt hat.“
Gemeinsam mit Fabienne Lütkemeier stürzte Sprehe sich noch während eines Interviews auf die Kollegin und knutschte sie. „Unglaublich, das ist schwer zu fassen. Das ist so toll“, jubelte Langehanenberg und kündigte eine „ausgelassene und ausgiebige“ Feier an. Die gibt es allerdings erst am Freitagabend, weil zuvor im Grand Prix Special um Einzelmedaillen geritten wird.
Im Viereck war die 31-Jährige zuvor eiskalt geblieben und hatte eine nahezu perfekte Leistung abgeliefert. „Ich wusste schon, dass es schwierig wird“, sagte Langehanenberg nach ihrem ersten EM-Gold genau an ihrem fünften Hochzeitstag. Wie knapp es wirklich war und wie viele Punkte sie genau holen musste, war ihr indes nicht klar.
Mit 234,651 Prozentpunkten gewann Deutschland vor den Niederlanden (233,967) und Großbritannien (233,540). So eine knappe Entscheidung gab es noch nie. Und das nach einer Aufholjagd. „Das war, als wenn man beim Fußball drei Tore in einer Halbzeit aufholen muss“, sagte Sportdirektor Peiler.