Unter Druck: EM-Test für Reiter und CHIO-Macher
Aachen (dpa) - Für die deutschen Topreiter geht es um die EM-Fahrkarten, für den Veranstalter um die Ausrichtung der Europameisterschaften in vier Jahren: Der CHIO in Aachen besitzt in diesem Jahr zusätzliche Brisanz.
Die Organisatoren des größten Reitturniers der Welt stehen unter Beobachtung, denn sie haben sich für die EM 2015 beworben. Ein Selbstläufer scheint dies selbst für so versierte Veranstalter wie die Aachener nicht zu sein, die vor fünf Jahren die Weltmeisterschaften nahezu perfekt durchgeführt hatten. „Es ist einfacher, den Zuschlag für eine WM als für eine EM zu erhalten“, sagte der Aachener Turniervermarkter Michael Mronz. Vor allem hinter den Kulissen müssen die Aachener werben. Sie wollen ein ganz neuen Konzept durchsetzen und die Europameister in fünf Disziplinen gleichzeitig küren.
Stille Diplomatie ist gefragt, denn die wichtigsten Funktionäre des Pferdesports sind in diesen Tagen in Aachen. Vertreter der fünf Disziplinen Springreiten, Dressur, Vielseitigkeit, Fahren und Voltigieren sind vor Ort und wollen umgarnt und überzeugt werden.
Kurzfristiger sind die Ziele der deutschen Reiter, die sich beim CHIO für die Europameisterschaften in diesem Jahr qualifizieren wollen. „Aachen hat großen Anteil bei der Entscheidung“, sagte Bundestrainer Otto Becker vor dem ersten Ritt am Dienstag. Der Coach der Springreiter hat „sieben heiße Kandidaten“, aber nur vier Reiter werden in Madrid das Team bilden.
Beste Aussichten haben jene fünf, die für den CHIO-Nationenpreis am Donnerstag nominiert sind: Christian Ahlmann (Marl), Ludger Beerbaum (Riesenbeck), Marcus Ehning (Borken), Carsten-Otto Nagel (Wedel) und Janne-Friederike Meyer (Schenefeld). Außerhalb des Teamwettbewerbs müssen sich vor allem die beiden Beerbaum-Angestellten Marco Kutscher und Philipp Weishaupt aus Riesenbeck beweisen. „Die sieben sind alle auf sehr hohem Niveau“, sagte der Bundestrainer: „Danach ist eine kleine Lücke.“
„Nur im Notfall“, wie sie selber sagt, würde Meredith Michaels-Beerbaum mit zur EM fahren. Die erfolgreichste Springreiterin der Welt ist in einer „Umbruchphase“ und muss die Entwicklung ihrer jungen Pferde abwarten. Der derzeit verletzte Checkmate ist für eine EM eigentlich zu alt, genauso wie ihr langjähriges Toppferd Shutterfly. Der 18 Jahre alte Wallach wird in diesem Jahr seinen letzten CHIO-Auftritt erleben.
Wesentlich klarer ist die Situation in der Dressur. Anabel Balkenhol (Rosendahl), Christoph Koschel (Hagen a. TW), Matthias Rath (Kronberg) und Isabell Werth (Rheinberg) bilden das CHIO-Team und werden - wenn nichts Außergewöhnliches passiert - in dieser Besetzung auch bei der EM in Rotterdam antreten.
„Die vier haben von ihren Möglichkeiten her Abstand zu den nächsten“, sagte Bundestrainer Holger Schmezer, der durch die Absage von Ulla Salzgeber eine Alternative weniger hat. Die zweimalige Team-Olympiasiegerin aus Blonhofen hat überraschend eine sportliche Auszeit genommen und auf eine mögliche EM-Qualifikation verzichtet. Außenseiterchancen auf ein EM-Ticket dürfte nur noch Helen Langehanenberg (Havixbeck) haben.