Verwirrung um Saudi Arabiens erste Frau bei Olympia
Lausanne (dpa) - Die Geschichte wäre zu schön und zu spektakulär gewesen: Eine 20 Jahre alte Springreiterin startet in London als erste Frau für Saudi Arabien bei den Olympischen Spielen.
Seit mehreren Tagen geisterten Meldungen über den London-Start von Dalma Rushdi Malhas vor allem durch Großbritannien, doch sie hatten einen Haken - sie stimmten so nicht. Die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) sah sich schließlich sogar genötigt, ein Dementi zu veröffentlichen. Wohlwissend, dass es sich um ein äußerst sensibles Thema handelt und das Internationale Olympische Komitee (IOC) hinter den Kulissen verhandelt.
„Es gab mehrere Medienberichte, aber bedauerlicherweise hat die saudi-arabische Reiterin nicht die minimalen Qualifikation-Anforderungen erreicht und kann folglich nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen“, sagte FEI-Generalsekretär Ingmar de Vos. Bereits am 17. Juni war die Frist abgelaufen. Offizieller Grund für die verpasste Olympia-Qualifikation ist, dass ihr Pferd Caramell verletzt war.
Fraglich ist indes, ob die Saudis überhaupt je vorgehabt haben, die junge Frau zu nominieren. Schließlich hatten sie zuletzt mehrere Millionen Euro für neue Pferde investiert, die sie in ganz Europa zusammenkauften. Erfolgreiche Reiter haben sie bereits, etwa den WM-Zweiten Abdullah Waleed Sharbatly und den Olympia-Dritten von Sydney, Khaled Al Eid. Zum Vergleich: Malhas belegte zuletzt beim Großen Preis im belgischen Kapellen mit 30 Strafpunkten Platz 51.
Dass der olympische Reitsport den Saudis wichtig ist, lässt sich auch daran erkennen, dass ihre sechs Topreiter seit Jahren gemeinsam in der Nähe von Brüssel stationiert sind und von den renommierten Stanny van Paesschen, Rogier van Iersel und Peeter Aitken trainiert werden. Sogar eine britische PR-Agentur ist beauftragt worden. Gleichwohl gab es auf der Homepage des Saudi-Equestrian-Teams, zu dem Malhas übrigens nicht gehört, nur die Notiz der FEI zur fehlenden Olympia-Qualifikation der 20 Jahre alten Reiterin.
Das Thema Frauen und Saudi Arabien ist heikel, schließlich setzt sich IOC-Boss Jacques Rogge höchstpersönlich für die olympische Gleichberechtigung ein. Rogge will die Saudis dazu bewegen, als letzte Delegation auch eine Frau in ihre Olympia-Mannschaft aufzunehmen. Der FEI-Generalsekretär fügte daher auch an, dass „das IOC ein Reihe anderer Athletinnen von Saudi Arabien aus andere Sportarten in Betracht zieht“. Als mögliche London-Starterinnen gelten nun noch eine Leichtathletin und eine Judoka.
Malhas stand deshalb so im Fokus, weil sie 2010 bei den olympischen Jugendspielen in Singapur eine Bronzemedaille geholt hatte. Schon ihr Start war eine kleine sportpolitische Sensation. Die FEI ist darauf „sehr stolz“, wie Vos sagte. Der Verband sei zuversichtlich, „sie wieder auf der olympischen Bühne zu sehen“, fügte der Generalsekretär an.
„Es wäre eine große Gelegenheit gewesen, eine weibliche Athletin im Saudi-Reitsport-Team zu haben“, wird Malhas' Mutter Arwa Mutabagani von der FEI zitiert. „Aber Dalma ist jung und entschlossen, Saudi Arabien auf dem höchsten Level zu vertreten, daher haben wir große Hoffnungen für Rio 2016.“