Nagel vor Olympia-Aus - Beerbaum nur noch Außenseiter
Warendorf (dpa) - Die schlechten Nachrichten für den deutschen Pferdesport reißen fünf Wochen vor den Olympischen Spielen nicht ab. Nachdem Totilas-Reiter Matthias Rath erkrankt ist, droht nun auch dem erfolgreichsten deutschen Springreiter der vergangenen drei Jahre das Olympia-Aus.
„Die Chance auf London ist auf ein Minimum gesunken“, sagte Carsten-Otto Nagel. Sein Toppferd Corradina ist immer noch nicht fit, der Mannschafts-Welt- und Europameister gehört deshalb beim letzten Olympia-Test in Aachen nicht zum deutschen Team. Auch Ludger Beerbaum ist nach derzeitigem Stand in London nicht dabei.
„Wir hatten die ganze Zeit einen kleinen Bonus, weil wir zuletzt so erfolgreich waren, aber das hilft jetzt nicht mehr“, kommentierte Nagel. Drei Jahre hintereinander war der 49-Jährige aus Norderstedt der erfolgreichste deutsche Springreiter bei den internationalen Großereignissen, gewann neben den Mannschaftstitel zweimal Einzel-Silber bei den Europameisterschaften 2009 und 2011.
„Das ist sehr bitter für Carsten-Otto“, kommentierte Beerbaum, der sich selber als „Außenseiter“ für einen Platz im Olympia-Team bezeichnete. „Das ist aber keine Überraschung, das ist mir schon länger klar.“ Spätestens nach seinem Sturz bei den deutschen Meisterschaft mit Gotha war der viermalige Olympiasieger ein Wackelkandidat. Er sieht sich derzeit nicht unter den besten fünf Reitern in Deutschland.
Das gilt auch für Nagel. „Wenn sie wider Erwarten noch in Form kommt, dann geht vielleicht noch etwas“, sagte Nagel über seine Stute. „Es ist noch ein kleiner Hoffnungsschimmer.“ Im Grunde weiß er aber seit dem Wochenende, das der Traum geplatzt ist, denn Corradina war leicht angeschlagen und konnte nicht wie geplant in Rotterdam an den Start gehen. Zuvor hatte die 14 Jahre alte Schimmelstute nach einer Zahnoperation lange an Entzündungen gelitten und mehrere Monate pausiert.
„Das ist noch nicht das Aus, aber er muss sich in Aachen wirklich sehr gut präsentieren“, sagte der deutsche Co-Trainer Heinrich Hermann Engemann, der in Aachen Equipechef der deutschen Springreiter ist. „Wir wissen, was wir an dem Paar haben, wenn es in Form kommt“, fügte Engemann an.
Dass Corradina tatsächlich noch bis zur kommenden Woche in Form kommt, das glaubt aber auch Nagel nicht. „Wir hinken die ganze Zeit hinterher“, erklärte der Springreiter. „Die Form findet man nicht so schnell wieder.“
Für das Nationenpreis-Team in Aachen berief Bundestrainer Otto Becker fünf Reiter: Christian Ahlmann (Marl), Marcus Ehning (Borken), Marco Kutscher (Riesenbeck), Janne-Friederike Meyer (Schenefeld) und Philipp Weishaupt (Riesenbeck). Welches Quartett antritt, entscheidet der Bundestrainer vor Ort.
„Nüchtern betrachtet wird nach sportlichen Gesichtspunkten entschieden, und wenn ich deshalb nicht dabei bin, dann muss ich mich damit abfinden“, sagte Nagel zu seiner Ausgangsposition. Der Reiter aus Schleswig-Holstein, mehrere Jahre der Topmann im Team, ist derzeit nur die Nummer sieben. „Das sollte der Höhepunkt sein“, berichtete er von seinem Olympia-Traum. „Das war ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt“, sagte er zur Erkrankung seiner Stute im Frühjahr. „Aber so etwas kann passieren.“
Während die Springreiter noch sehr starken Ersatz für Nagel und Corradina hätten, würde ein Ausfall von Rath und Totilas das Dressur-Team viel stärker treffen. Rath, der wegen einer Erkrankung (Pfeiffersches Drüsenfieber) derzeit im Bett liegt, kann in Aachen gar nicht starten. Nur bei optimalem Heilungsverlauf kann er bis London wieder fit sein.