Springreiten Von der Intensivstation zum Titel: Stevens siegt nach Not-OP
Balve (dpa) - Vor kurzem ging es noch um Leben und Tod - bei der deutschen Meisterschaft nur um einen Titel. Sechs Wochen nach einer Not-Operation gewann der Springreiter Mario Stevens völlig unerwartet den Titel und konnte es selber nicht fassen.
„Bei mir war ein Magengeschwür geplatzt“, berichtete der 35-Jährige aus dem niedersächsischen Molbergen: „Ich musste sofort operiert werden.“ Die dramatische Rettung im Krankenhaus gelang. Schnell durfte er die Intensivstation verlassen. Und schon drei Wochen später saß Stevens wieder im Sattel. Der Profi ist hart im Nehmen.
Doch die völlig überraschende Meisterschaft des Springreiters ist auch in anderer Hinsicht eine ganz besondere. Denn das Pferd, das ihn in vier Runden ohne Abwurf zum Sieg in Balve trug, besitzt er erst seit wenigen Wochen.
Der Wallach Talisman scheint für den deutschen U21-Meister von 2002 ein Glücksbringer zu sein. Ein einziges Turnier konnte der Profi mit dem neuen Pferd vor der Meisterschaft im Sauerland reiten. Der elfjährigen Wallach wurde zuvor vom britischen Altmeister John Whitaker gesattelt, ehe Stevens es über seinen Freund Holger Hetzel erwarb.
Vier Runden ohne Abwurf nach so einer kurzen Eingewöhnungszeit sind äußerst unwahrscheinlich. Oft dauert es viele Monate, bis es mit einem neuen Pferd klappt. Manchmal passt es gar nicht. „Ich habe ihn für die Meisterschaft nicht auf dem Zettel gehabt“, gab Bundestrainer Otto Becker zu. Er hatte Stevens mit Talisman vor dem Start bei der Meisterschaft nur auf einem Video gesehen.
In Balve begutachtete der Bundestrainer das Paar das erste Mal live - und war begeistert. „Sie haben verdient gewonnen“, sagte Becker. Auch Stevens selber war „völlig überrascht“ von dem flotten Erfolg. „Ich wusste nicht, was auf mich zukommt. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht.“
Nach seinem Sensationssieg ist sich Stevens sicher: „Das Pferd liegt mir.“ Und er glaubt: „Das Pferd mag mich auch, sonst würde es nicht so schnell klappen.“ Mit Talisman könnte Stevens, der bereits zum B-Kader gehört, ein Kandidat für die WM im September in den USA werden. „Es fühlt sich so an, dass es konstant werden kann“, sagte der Reiter: „Über vier Runden zu bestehen, ist eine Aussage.“ Die erstaunliche Geschichte des Mario Stevens könnte also noch eine Fortsetzung finden.