Ringer suchen ihre Balance im olympischen Überlebenskampf
Berlin (dpa) - Im Spannungsfeld zwischen Hoffnung, Kampfbereitschaft und Rückschlägen suchen die Ringer ihr Gleichgewicht und die richtige Strategie.
Die Mattenkämpfer freuten sich am Rande des Freistil-Weltcups in Teheran über die Allianz der Ringer-Nationen Iran, Russland und USA im olympischen Überlebenskampf - umso schmerzhafter war die Nachricht über die nächste Nachlässigkeit arroganter Funktionäre. Wegen fehlender Kooperationsbereitschaft des europäischen Verbandes wird Ringen bei den ersten Europa-Spielen 2015 in Baku/Aserbaidschan nicht dabei sein, erklärte Patrick Hickey, Präsident der Vereinigung der Nationalen Olympischen Komitees Europas (EOC).
„Dreimal haben wir sie um ein Meeting gebeten, aber sie haben es abgelehnt, mit uns über die Europa-Spiele zu sprechen. Das Ergebnis ist: Sie sind draußen“, sagte der Ire dem Branchendienst „Around the rings“. Ohne Kommunikation mit der olympischen Bewegung habe Ringen „ein Problem“. Ausgerechnet in Aserbaidschan, das bei den Olympischen Spielen in London sieben seiner zehn Medaillen auf der Matte geholt hatte, gilt Ringen als Nationalsport.
„Wir wollten natürlich von dieser Beliebtheit profitieren“, betonte Hickey, zudem Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), aber die Ringer hätten „das Geschenk“ abgelehnt. Gastgeber Aserbaidschan hatte sich bereiterklärt, sämtliche Kosten für die teilnehmenden Verbände zu bezahlen.
Dabei hatte der Weltverband (FILA) durch den Rücktritt von Präsident Raphaël Martinetti den Weg für dringend notwendige Modernisierungsmaßnahmen frei gemacht. Weltweit wird fieberhaft an der strategischen Ausrichtung im Kampf gegen das drohende Olympia-Aus gearbeitet.
„Iran und die USA könnten der Welt beweisen, wie wertvoll Ringen für Olympia ist, und auch dafür sorgen, dass die Entscheidung der IOC-Exekutive für ein Olympia-Aus revidiert wird“, sagte Zeke Jones, Nationalcoach der amerikanischen Freistilringer, am Dienstag der iranischen Nachrichtenagentur MEHR. Auch der russische Verband will sich der bemerkenswerten Allianz anschließen. Die Exekutive des IOC hatte in der vergangenen Woche die Empfehlung ausgesprochen, Ringen aus dem Olympia-Programm von 2020 an streichen zu lassen.
Manfred Werner, Präsident des Deutschen Ringer-Bundes (DRB), berichtete von einem positiven Treffen mit IOC-Vize Thomas Bach. „Ich habe ihm die Situation aus unserer Sicht geschildert, habe ihm von der Welle der Solidarität im In- und Ausland sowie den neuen Bemühungen des Weltverbandes berichtet. Bach sagte, das sei eine gute Reaktion, und wir seien auf dem richtigen Weg“, sagte Werner den „Ruhr-Nachrichten“ (Dienstag).
Wie FILA-Interimspräsident Nenad Lalovic hält auch Werner eine Anpassung des Jahrtausende alten Sports an die Moderne für überfällig. „Freistil ist nach wie vor attraktiv und spannend genug, im griechisch-römischen Stil könnte man über Regel-Optimierungen nachdenken. Tradition und Fortschritt müssen sich nicht ausschließen“, so Werner, „wir müssen jetzt Reformwillen und -fähigkeit nachweisen.“ Lalovic will noch in dieser Woche das Gespräch mit dem IOC suchen und den Olympiern glaubhaft machen, dass der Weltverband alles tut, den Kriterienkatalog der IOC-Programm-Kommission zügig abzuarbeiten. Dann glaubt Werner an „eine gute Chance, dass Ringen olympisch bleibt.“