Schweinsteiger, der neue Boss: Die Spieler in der Einzelkritik

Für Khedira gekommen, setzt der 29-Jährige Akzente. Podolski nutzt seine Chance nicht. Und Müller? Ja, er müllert.

Bastian Schweinsteiger hat sich gegen die USA in die erste Elf gespielt.

Foto: Andreas Gebert

Manuel Neuer: Spielaufbau mit, als dass er Bälle abzuwehren hatte. In der Tat ist Neuer ein guter Fußballer, beidfüßig, sagenhaft unaufgeregt. Dass wir über seine Torwartqualitäten in quietschgelbem Dress kein Wort verlieren müssen, sagt alles über das Angriffsspiel der USA.

Jerome Boateng: Während sein Halbbruder Kevin Prince das Turnier unrühmlich verlässt, bleibt Jerome Boateng noch da. Wenn man sich auch beklagen muss, dass Deutschland ohne offensivstarke Außenverteidiger spielt, so arbeitete Boateng gestern an dieser Mailaise hartnäckig. Einige gute Flanken verteidigten die Amerikaner aber gut.

Per Mertesacker: Sein Kopfball leitete das 1:0 durch Thomas Müller ein. Mertesacker war ein rot-schwarz-gestreifter Leuchtturm im Regen von Recife. Keine Aussetzer. Ein Mann, der am Ende jede deutsche WM-Minute gespielt haben wird.

Mats Hummels: Konzentrierte sich bis auf einen Vorstoß mit gutem Pass einzig auf seine Defensivaufgabe. Und hielt sich dabei schadlos. Es werden andere Aufgaben kommen.

Benedikt Höwedes: Das erste Mal wäre ein offensivstärkerer Linksverteidiger besser gewesen — wenn es ihn denn gäbe. Er war schnell mit Gelb belastet und offenbarte danach einige Male seine fußballerischen Defizite.

Bastian Schweinsteiger: Darf frohlocken, weil er sich gegen die USA in die erste Elf gespielt hat. Für Sami Khedira gekommen, übertraf er dessen jüngstes Wirken deutlich. Übernahm das Kommando, bestimmte das (meist allerdings behäbige) Tempo und scheute trotz diverser Fouls an ihm keinen Zweikampf. In der 76. Minute raus für Götze.

Philipp Lahm: Feierte seine Rettungsaktion in den Schlussminuten mit einer Becker-Faust. So muss sich einer selbst motivieren, der im Turnier noch nicht so recht angekommen ist. Sagen wir es so: Deutschland hat von Lahm noch nie so wenig profitiert wie derzeit.

Toni Kroos: Keine spielentscheidenden Höhepunkte, seine spielverlagernden Pässe von erstaunlicher Detailarbeit sind aber eine Sehenswürdigkeit. Großes Arbeitspensum.

Mesut Özil: Tja, Götze musste der robusten, amerikanischen Spielart weichen. Vielleicht hätte es auch Özil gut getan. Der Offensivregisseur war engagiert, aber seine schleppende und bisweilen schlampige Art lächelt der US-Spieler locker weg. Muss sich steigern, wenn Deutschland den Titel will.

Thomas Müller: Immer wenn er trifft, gewinnt Deutschland. Sein neuntes Tor im neunten WM-Spiel, damit ist er besser als Maradona, der ihn einst beim Freundschaftsspiel in München gegen Argentinien nicht erkannt hat. Das vierte Tor in Brasilien war sein schönstes. Ein technisch perfekter Flachschuss ins untere Eck. Es müllert gewaltig bei dieser WM. Derart sogar, dass man an diesem dummen Wortspiel Gefallen finden kann.

Lukas Podolski: Er habe sich bemüht, sagte Bundestrainer Löw nach dem Spiel. Womit er eigentlich sagte: Von Beginn an werde ich ihn bei diesem Turnier sicher nicht mehr bringen. Musste nach 45 Minuten raus, weil ihm die Bindung fehlte. Seine erste Startelf-Chance nach einem Jahr hat Podolski nicht genutzt. Manche sagen, er sei besser als Joker gegen kaputt gespielte Gegner. Jetzt wissen wir: So ist es.

Miroslav Klose: Die Jagd auf das historische 16. WM-Tor geht weiter für den Stürmer, der Podolski nach der Pause beerbte. Klose betrieb großen Aufwand, hatte eine gute Kopfballchance, traf aber nicht. Wie bemerkenswert — und keine Selbstverständlichkeit.

Mario Götze: Kam In der Schlussviertelstunde für den entkräfteten Schweinsteiger. War zum Start gegen physisch starke Amerikaner nicht gefragt.

André Schürrle: Die „Spezialkraft“ vom FC Chelsea durfte die letzten 90 Sekunden und die Nachspielzeit mitmachen. Zu diesem Zeitpunkt wollte nur niemand mehr etwas am Ergebnis verändern.