America's Cup: Der große Coup des Russell Coutts

‎ San Francisco (dpa) - In seiner Heimat ist Sir Russell Coutts in diesen Tagen ‎nicht gerade beliebt. In Neuseeland, wo täglich fast die Hälfte der 4,4 Millionen Einwohner ‎das America's-Cup-Geschehen in San Francisco am Fernseher verfolgten, wird Coutts ‎gehörig verflucht.

Denn der 51-Jährige ist Teamchef der Amerikaner und für die beinahe ‎schon unglaubliche Aufholjagd der Cup-Verteidiger verantwortlich. Coutts geht auf in ‎seiner Doppel-Rolle als maßgeblicher Cup-Erneuerer und Strippenzieher seines Teams ‎hinter den Kulissen. ‎

Heimlicher Teamchef war er schon 2003, als er das Schweizer Team Alinghi von Ernesto ‎Bertarelli mit dem deutschen Steuermann Jochen Schümann zum 5:0-Cup-Sieg über die ‎eigenen Landsleute führte - auch noch vor der neuseeländischen Küste. Auch jetzt hat ‎Coutts wieder beim Gegner angeheuert - und lotste die Amerikaner nach einem 1:8-Rückstand zu einem 9:8-Sieg. Da ist es ein ‎schwacher Trost, dass nach dem großen Finale immerhin auch ein berühmter ‎Neuseeländer die verschnörkelte Silberkanne in den Händen hält.

Der von Larry Ellison angeblich jährlich mit einem zweistelligen Millionen-Honorar ‎entlohnte Superstar und Olympiasieger, der an Bord des US-Katamarans jüngeren Seglern ‎den Vortritt gelassen hatte, ist schon jetzt der erfolgreichste Segler der Sportgeschichte. ‎Er hatte jedoch nach den von ihm eingeführten radikalen Veränderungen im America's ‎Cup, die er als „Sprung aus dem Flintstone-Zeitalter hinein in die Facebook-Generation“ ‎beschrieb, viel Kritik einstecken müssen. Der britische Cup-Experte Stuart Alexander ‎schrieb: „Wenn im September-Showdown die Funken fliegen, dann wird vieles verziehen. ‎Es gibt viel zu verzeihen.“

Die Herausforderserie zum America's Cup um den Louis Vuitton Cup war zunächst die ‎langweiligste der Geschichte. Nur drei und nicht die von Coutts erhofften zehn bis zwölf ‎Teams bildeten aufgrund der enormen Projektkosten die überschaubare Flotte. Ein toter ‎Segler in Folge eines Trainingsunfalls am 9. Mai, Sicherheitsdebatten, Zuschauermangel ‎und eine unzufriedene Gastgeberstadt San Francisco markierten vor dem 34. Cup-Duell ‎zwischen Coutts Oracle Team USA und den Neuseeländern die Tiefpunkte. Schließlich ‎wurden die Amerikaner noch beim Schummeln erwischt und mit zwei Minuspunkten für ‎das Cup-Duell bestraft. ‎ ‎

Doch was niemand für möglich hielt, das gelang Coutts und seiner Mannschaft um ‎Skipper James Spithill. Acht Matchpunkte in Folge wehrten die Amerikaner ab - es gelang ‎das Comeback. Das Match zwischen Neuseeländern und Amerikanern war nicht nur das ‎spannendste, sondern mit 19 Tagen auch das längste in der Cup-Geschichte.

Der viermalige Cup-Sieger Coutts hatte vor dem Aufeinandertreffen der beiden Cup-‎Giganten gesagt: „Auf beiden Seiten lastet enormer Druck, denn es ist für beide eine Art ‎Überlebenskampf. Für den Verlierer kann es das Ende des Teams bedeuten.“ Sein US-‎Team wird nun als Cup-Verteidiger auch in Zukunft diese Regatta prägen. ‎