Sporthilfe meldet alarmierenden Befund im Spitzensport
Berlin (dpa) - Die Deutsche Sporthilfe meldet einen alarmierenden Befund im deutschen Spitzensport. In einer anonymen Erhebung unter 1154 deutschen Spitzenathleten gab fast ein Drittel aller Befragten psychische Erkrankungen wie Depressionen, Burn-out oder Essstörungen an.
Überraschende 8,7 Prozent der Athleten erklärten, schon einmal an Absprachen über den Spiel- oder Wettkampfausgang beteiligt gewesen zu sein. Immerhin 5,9 Prozent der Sportler räumten die regelmäßige Einnahme von Dopingmitteln ein. Das geht aus einer von der Stiftung Deutsche Sporthilfe in Auftrag gegebenen Studie der Deutschen Sporthochschule in Köln zu Dysfunktionen des Spitzensports in Deutschland hervor.
Bemerkenswerte 79,8 Prozent der Athleten verspüren Druck aus dem Umfeld, Existenzängste werden von 57,7 Prozent als Grund für Fehlverhalten im Sport angegeben. Der Erfolgsdruck ist nach Aussage der Athleten (88,6) aber der größte Parameter für Dysfunktionen. Aufgrund dieser Erkenntnisse hat das Sozialwerk des deutschen Sports seine Förderprinzipien verändert und vergibt keine Sonderprämie mehr für EM- und WM-Medaillen. Stattdessen werden mehr Gelder in die Unterstützung einer dualen Karriere gesteckt.
„Wir brauchen ein Fördersystem, das den Druck, der ohnehin existiert, nicht noch unverhältnismäßig erhöht“, sagte Michael Ilgner, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Sporthilfe in Berlin, wo die Studie am Dienstag im Sportausschuss des Bundestages vorgestellt wurde. „Die Förderung muss versuchen zu helfen, mit diesem Druck, der dem Leistungssport immanent ist, angemessen umzugehen. Das heißt nicht, dass man sich nicht ambitionierte Ziele setzt. Auch das gehört immer zum Leistungssport.“
Parallel zur Studie wurde eine Bevölkerungsbefragung durchgeführt. Demnach sind illegale Spielabsprachen das größte Ausschlusskriterium für die Bereitschaft der deutschen Bürger, den Spitzensport finanziell zu fördern. Dagegen haben Medikamentenmissbrauch oder Doping keine signifikante Auswirkung auf die Förderbereitschaft. Auch diese Ergebnisse belegen die hohe Abneigung der Öffentlichkeit, durch Wettmanipulation oder andere Absprachen betrogen zu werden. 37,2 Prozent der befragten Athleten ließen eine Antwort auf die Frage „Waren Sie schon einmal an Absprachen über den Spiel-/Wettkampfausgang beteiligt?“ aus, aber auch die 8,7 Prozent, die derartiges Fehlverhalten offenbarten, sind unerwartet hoch.
„Es müssten nun weitere wissenschaftliche Untersuchungen angestellt werden, um diese Prozentzahlen interpretieren zu können. Eine tiefere Motivforschung liegt hier nicht vor“, sagte Professor Dr. Christoph Breuer, der die Studie gemeinsam mit Dr. Kirstin Hallmann von der Deutschen Sporthochschule Köln durchgeführt hatte.