Steffen und Deiblers ohne Norm - Di-Carli-Rekord

Berlin (dpa) - Gleich mehrere tröstende Küsse gab es für die „geschockte“ Meisterin Britta Steffen von Freund Paul Biedermann schon bei der Laktatmessung nach dem Rennen.

Zwar durfte sich die 27-Jährige bei ihrem ersten deutschen Langbahn-Meisterschaften nach zwei Jahren über den Titel über 100 Meter Freistil freuen, aber auf das WM-Ticket muss die Weltmeisterin wie auch ihr Freund warten. „Jetzt schauen wir einfach, dass wir uns Sonntag qualifizieren und dann wird uns eine Last von der Schulter fallen“, sagte Biedermann.

Der Doppel-Weltmeister war über 100 Meter Freistil in 48,66 Sekunden auf seiner Nebenstrecke von Marco di Carli in Weltjahresbestzeit von 48,24 Sekunden geschlagen worden. Mit der WM-Richtzeit verbesserte der Frankfurter Biedermanns zwei Jahre alten Rekord aus der Ära der High-Tech-Anzüge 15/100 Sekunden. Biedermann blickt seiner letzten Normzeit-Chance am Sonntag über 200 Meter Freistil mit Zuversicht entgegen, Steffen war nach dem 100-Meter-Freistil-Rennen in 54,14 Sekunden 6/100 über der Norm erst einmal nur sauer.

„Wenn man die eigenen Erwartungen nicht erfüllt, ist man erstmal geschockt“, sagte Steffen, die sich klar vor Daniela Schreiber durchsetzte. Vor dem Rennen wurden in einer Einspielung der ZDF-Liveübertragung in der Halle private Szenen von ihr und Paul Biedermann gezeigt, was der 27-Jährigen bitter aufstieß. Britta Steffen fühlte sich wie „in einem Boxkampf. Die Erwartungen werden aufgebauscht.“

Die Zuneigung des Freundes inmitten einer Traube von Autogrammjägern und Journalisten konnten die Laune von Britta Steffen zumindest gleich nach dem Rennen nicht aufhellen - und auch ihr Trainer Norbert Warnartzsch war verärgert. „Ich möchte Kritik üben an an der Veranstaltung“, sagte Warnatzsch mit Blick auf den TV-Spot. Der Coach geht aber schon jetzt von der Nominierung für Shanghai aus; wie auch die Doppel-Weltmeisterin selbst. „Der Herr Lange hat gesagt, Britta du bist Weltmeisterin, fährst zur WM, wenn du Erste bist“, schilderte sie ein Gespräch mit Bundestrainer Dirk Lange.

Wie Britta Steffen durften sich auch Yannick Lebherz und Jenny Mensing (beide 200 Meter Rücken) sowie die Brustschwimmer Sarah Poewe und Christian Vom Lehn über 100 Meter über Meisterehren freuen. Den Sieg über 200 Meter Schmetterling holten sich Tim Wallburger und Franziska Hentke. Isabelle Härle schwamm über 1500 Meter Freistil schneller als die nationale Konkurrenz.

„Diejenigen, die sich zu sicher gefühlt haben, Etablierte, haben es nicht geschafft“, sagte Bundestrainer Dirk Lange, der bei einem Großteil des Nationalteams Nachholbedarf bei der Athletik sieht. Dagegen freute er sich über 13 Athleten auf 17 Strecken in den Top-10 der Weltrangliste.

Wenige Minuten vor dem Steffen-Rennen war Biedermann „zufrieden“ mit der Zeit auf seiner Nebenstrecke aus dem Becken geklettert, da sollte die große Stunde seine Freundin schlagen. Aber beim ersten Finale auf der Langbahn seit zwei Jahren verfehlte sie die Norm. „Ich würde das jetzt nicht als Niederlage sehen. Sie weiß, woran sie zu feilen hat“, sagte Biedermann.

Lobende Worte gab es vom Doppel-Weltmeister auch für Rotschopf di Carli, dessen Kumpels mit Pappkronen auf dem Kopf am Ausschwimmbecken Schampus versprühten. „Er ist eine tolle Zeit geschwommen und gezeigt, was er drauf hat.“ Schon über 50 Meter hatte der 26-Jährige gewonnen, jetzt schlug er die Deibler-Brüder und Biedermann auch über die 100. „Vor vier Jahren habe ich den Fehler gemacht, und die Fresse aufgemacht“, sagte di Carli. „Ich habe ein bisschen mehr das Privatleben genossen und die Prioritäten für Schwimmsport verloren. Der Fehler wird mir nicht noch mal passieren.“