Beide Australien-Champions bei French Open früh raus
Paris (dpa) - Stan Wawrinka trug schwarz, dem sportlichen Begräbnis erster Klasse bei den French Open angemessen. Auch Li Na erschien nach ihrem Erstrunden-Aus dunkelgekleidet: Erstmals in der Geschichte sind beide Australian-Open-Sieger in Paris bereits in der ersten Runde ausgeschieden.
Überhaupt sind in der Tennis-Historie noch nie zwei Champions beim nächsten Grand-Slam-Turnier sofort gescheitert. „Es wäre egal gewesen, wer gegen mich spielt, heute hätte jede gegen mich gewonnen“, meinte Li nach dem 5:7, 6:3, 1:6 gegen die Weltranglisten-103. Kristina Mladenovic aus Frankreich lakonisch. Die Weltranglisten-Zweite stiftete mit ihren Antworten mehr Verwirrung, als dass sie Fragen beantwortet hätte.
„Heute ging es um nicht Tennis, sondern um viele Dinge rings herum. Es kann alles Mögliche sein. Ich will keinen anderen Grund sagen“, gab die Chinesin mit fast tonloser Stimme zu Protokoll. „Es war nicht nur ein schlechter Tag. Es hat viel mir selbst zu tun, ich hatte keine Ahnung, wie ich das Match spielen soll.“ Noch beim Aufwärmen habe sie sich gut gefühlt, auch beim Betreten des Platzes. Mit dem Druck komme sie gut klar, erklärte die Paris-Siegerin von 2011.
Wawrinka womöglich noch nicht so: In seinem dunklen Trainingsanzug grübelte der Schweizer am Montagabend über Gründe dafür, was ihn vier Monate nach dem Triumph bei den Australian Open aus der höchsten Höhe seiner Tennis-Karriere in die tiefste Tiefe gerissen hatte. Einen „Sturz aus den Wolken“ nannte die „Basler Zeitung“ die 4:6, 7:5, 2:6, 0:6-Pleite des Weltranglisten-Dritten gegen den Spanier Guillermo Garcia-Lopez im Abend-Zwielicht des zu Ende gehenden Tages.
„Ich bin sehr traurig. Das ist eine schwere Niederlage. Ich habe mich gut gefühlt und dachte, dass ich alles habe, um in Roland Garros gut zu spielen“, erklärte Wawrinka. Beim Versuch seiner Analyse wirkte der 29-Jährige schon erstaunlich gefasst. Sogar ein bisschen lächeln konnte Wawrinka, nachdem er eine Stunde vorher beim Verlassen des Court Philippe Chatrier ratlos die Mundwinkel nach unten gezogen hatte. Mit 62 leichten Fehlern trug er selbst am meisten dazu bei, dass er als erster Australian-Open-Sieger seit dem Tschechen Petr Korda 1998 gleich zum Auftakt in Paris die Taschen packen musste.
„Bonjour Tristesse. (...) Er wirkte phasenweise wie ein Cursor auf einem Bildschirm, der jede Steuerung verloren hat“, meinte die „Neue Zürcher Zeitung“ und stellte fest: „Paris zeigt nun auf, dass Wawrinka das Gewicht der Bürde kennenlernt, und welchen Druck die Erfolge auf der höchsten Plattform bringen.“
Der sympathische West-Schweizer weiß inzwischen zwar, wie man ein Grand-Slam-Turnier gewinnt, beim Umgang mit dem folgenden Wirbel muss er noch dazulernen. „Alles hat sich nach Australien geändert“, bekannte Wawrinka. Obwohl er sie alle schlagen könne, habe er nicht das Niveau von Rafael Nadal, Novak Djokovic und Landsmann Roger Federer bekannte Wawrinka: „Was sie über die Jahre geschafft haben, ist unglaublich.“
Schon bei den Masters-Turnieren in Indian Wells und Miami habe er im März eine schwierige Zeit gehabt, räumte „Stan the man“ ein. In den USA war jeweils im Achtelfinale Schluss, doch danach gewann er im Finale gegen Federer das prestigeträchtige Sandplatz-Turnier in Monte Carlo, und alles schien wieder gut. Nun scheiterte er als erster Monte-Carlo-Sieger seit 28 Jahren gleich beim ersten Auftritt in Paris und sieht sich an einer Weggabelung. „Ich erwarte viel von mir. Ich muss das Puzzle jetzt wieder zusammensetzen. Nicht wie früher, sondern als Grand-Slam-Champion und Nummer drei der Welt. Noch habe ich nicht alle Teile gefunden“, sagte Wawrinka.