French Open Bitteres Aus: Oberschenkel lässt Zverev im Stich
Paris (dpa) - Der Schmerz im linken Oberschenkel fühlte sich für Alexander Zverev an wie ein tiefer Stich ins Tennis-Herz: In seinem ersten Grand-Slam-Viertelfinale hat der Körper den Hamburger bei den French Open nach drei schweren Fünf-Satz-Matches im Stich gelassen.
So war der angeschlagene Weltranglisten-Dritte gegen den Österreicher Dominic Thiem beim 4:6, 2:6, 1:6 letztlich chancenlos. Eines aber wollte Zverev auch in diesem schweren Moment nicht: sich kampflos geschlagen geben. „Ich wollte unbedingt das Match zu Ende spielen und nicht im Viertelfinale eines Grand Slams aufgeben“, sagte der tief enttäuschte 21-Jährige, nachdem er es verpasst hatte, als erster deutscher Tennisprofi seit Michael Stich 1996 das Halbfinale in Paris zu erreichen.
Allerdings waren die Schmerzen beim 1:5 im zweiten Satz so stark, dass Zverev überlegte, vorzeitig zum Handschlag ans Netz zu gehen. Er hielt am Ende 1:50 Stunden durch. Eine Untersuchung soll Aufschluss über die Schwere der Verletzung geben, in einigen Tagen wird Zverev wissen, wie schlimm die Muskelverletzung ist - auch mit Blick auf die kommende Rasensaison.
„Natürlich ist es wirklich hart für ihn“, sagte Thiem. „Er ist einer der Fittesten, aber auch für ihn ist es hart, drei Fünf-Satz-Matches in Folge bei einem Grand Slam zu spielen. Ich hoffe, wir haben noch viele Partien so spät bei Grand-Slam-Turnieren gegeneinander. Wenn er wieder fit ist, dann wird es viel besser.“
Thiem steht zum dritten Mal nacheinander unter den letzten Vier in Paris, der 24-Jährige trifft in der Vorschlussrunde am Freitag entweder auf den früheren Paris-Sieger Novak Djokovic aus Serbien oder den italienischen Außenseiter Marco Cecchinato. Bei den Damen kann am Mittwoch noch Angelique Kerber ins Halbfinale einziehen, die Norddeutsche trifft in ihrem zweiten French-Open-Viertelfinale nach 2012 auf die Rumänin Simona Halep. Im ersten Halbfinale stehen am Donnerstag US-Open-Siegerin Sloane Stephens und ihre letztjährige New Yorker Finalgegnerin Madison Keys, ebenfalls aus den USA.
Zverev hatte trotz der Belastungen der vergangenen Tage beim Aufwachen das Gefühl, wieder über fünf Sätze gehen zu können. Er habe den Ball beim Einschlagen und in den ersten Spielen am besten während der gesamten Woche gespürt, berichtete er.
Doch schon im vierten Spiel des ersten Satzes spürte er etwas an der Rückseite des linken Oberschenkels. Zverev griff sich an die Stelle und hoffte, es würde wieder vorbeigehen. Zum 3:4 verlor er seinen Aufschlag, von da an ging an einem bleigrauen und feuchten, aber nicht kalten Tag nicht mehr viel.
Thiem verteilte die Bälle auf dem vom stundenlangen Regen des Morgens schweren Platz in die Ecken und spielte Stopps. Auch beim erneuten Aufschlagverlust zum 1:4 griff sich Zverev an die schmerzende Stelle und nahm sich beim Seitenwechsel eine Auszeit zur Behandlung. „Ich mag es nicht, wenn Spieler bei jeder Kleinigkeit den Physio rufen. Wenn ich ihn rufe, habe ich wirklich was“, sagte er.
Seinem immensen Kampfgeist während der Ballwechsel tat die Blessur zwar keinen Abbruch, doch die Zahl der Fehler war zu hoch. Insgesamt hatte er in den vier Matches zuvor schon zwölf Stunden auf dem Platz gestanden, Thiem dagegen zweieinhalb Stunden weniger. Gut drei Wochen nach seinem glatten Erfolg im Finale des Masters-Turniers war Zverev diesmal nicht Herr der Lage auf dem roten Sandplatz. Er verließ nach dem zweiten Satz mit gesenktem Kopf den Court Philippe Chatrier und schaute kopfschüttelnd und ratlos in Richtung seiner Box.
Besserung trat nicht mehr ein, als er auf den Platz zurückgekehrt war. Zverev kassierte das nächste Break und war sich nach eigenen Worten bewusst, dass er die ungleiche Auseinandersetzung nicht mehr würde gewinnen können. Immerhin entschied er sogar noch einige sehenswerte Ballwechsel zu seinen Gunsten, doch an eine Wende war gegen den Weltranglisten-Achten Thiem nicht zu denken.