Coach Becker sieht schon Fortschritte bei Djokovic
Paris (dpa) - Er ist der Chef - daran lässt Boris Becker vor dem French-Open-Halbfinale von Novak Djokovic keinen Zweifel. Ein halbes Jahr nach dem überraschenden Engagement durch den serbischen Tennis-Weltranglisten-Zweiten zog Becker in Paris eine positive Zwischenbilanz der Zusammenarbeit.
Der dreimalige Wimbledonsieger ließ durchblicken, dass er im Team die Richtung vorgibt, auch wenn er nicht zuletzt wegen seiner Hüftoperation im März die ersten beiden Turniersiege in diesem Jahr in den USA aus der Ferne verfolgte.
Ganz gut gehe es seinen Knochen, erklärte der beim Gehen noch etwas gehandicapt wirkende Becker vor deutschen Journalisten. In seiner Reha sei er ein paar Wochen weiter als gedacht. Doch sprechen mochte der 46-Jährige viel mehr über das Juwel, das begnadete Talent, das trotz sechs Grand-Slam-Titeln seinen Rat suchte und seit Beckers Amtsantritt als Trainer drei Titel holte - wie der Leimener betonte, der zuletzt in Rom erstmals auch auf der Tribüne dabei war, als Djokovic sich im Finale gegen Rafael Nadal durchsetzte. Die Aufgaben seien so, „dass ich also nicht immer vor Ort sein muss, und dass ich trotzdem meine Leistung als Trainer abliefern kann“, betonte Becker.
Djokovic hat öffentliche Zweifel an Becker stets beiseite gewischt, die aufkamen, als ihn sein langjähriger Mentor Marian Vajda in Indian Wells und Miami wieder betreute. Eine große Hilfe sei natürlich auch Vajda, „den ich gebeten habe, hier vorbeizukommen“, meinte Becker. „Jeder trägt auf seine Weise zu meinen Leistungen und Erfolgen bei“, kommentierte Djokovic in Paris. „Ich bin froh, dass alles zusammenpasst, denn es hat für alle ein bisschen gedauert, ehe wir begriffen haben, welcher Weg der effektivste ist.“
Im Vergleich zu den Australian Open im Januar kennt Becker seinen Schützling nun schon um einiges besser und sieht erste Früchte der gemeinsamen Arbeit, wenn er meist im schwarzen Trainingsanzug und mit einer Sonnenbrille von der Tribüne aus die Matches verfolgt. „Es gibt zwei, drei Verbesserungen in seinem Spiel, die kann man sehen“, sagte Becker und verwies darauf, wo der 27-Jährige jetzt im Feld stehe.
Wichtiger aber noch könnte sein, Djokovic etwas den Druck zu nehmen, mit einem Triumph in Paris endlich alle vier Grand-Slam-Turniere gewonnen zu haben. „Ich hoffe, dass ich da mit meiner Erfahrung ihm ein bisschen helfen kann“, sagte Becker. Auf ihn wirkt der Mitfavorit bislang entspannt und souverän.
Die gemeinsam vereinbarten Ziele eines Grand-Slam-Titels und die Rückkehr auf Platz eins der Weltrangliste können schon an diesem Wochenende erreicht werden. Während Paris-Dauerchampion Nadal vor einem Traumfinale den schottischen Wimbledonsieger Andy Murray im Halbfinale bezwingen muss, ist Djokovic an diesem Freitag zunächst gegen den launischen Letten Ernests Gulbis gefordert. Djokovic müsse sein bestes Spiel spielen, verlangte Becker. Gulbis könne an einem perfekten Tag jeden Spieler der Welt schlagen, allerdings an einem nicht so guten Tag auch gegen fast jeden verlieren.
Sollten Djokovic und Nadal am Sonntag im Endspiel stehen, würde es auch um die Nummer eins gehen. Djokovic habe durch seinen jüngsten Sieg in Rom einen großen Schritt nach vorn gemacht. Beide hätten das Match sicher im Kopf, „und das“, so Becker, „wäre nicht schlecht“.
Insgesamt sieht er die Zusammenarbeit mit Djokovic auf dem richtigen Weg. „Wenn wir beide, aber die anderen auch im Team, weiter in diese Richtung gehen, dann sehe ich keinen Grund, warum wir im Dezember nicht sagen können: Das war ein erfolgreiches Jahr. Das ist das Ziel, und wir sind jetzt auf halber Strecke.“