Die neue Petkovic: Weniger ist künftig mehr

Stuttgart (dpa) - Andrea Petkovic war fix und fertig. Zwar verfolgte die Darmstädterin das Fed-Cup-Drama gegen Serbien am Wochenende nur als Zuschauerin, dennoch ging die am Ende erfolgreiche Achterbahnfahrt der Tennis-Damen gegen Serbien auch dem deutschen Edelfan an die Substanz.

„Zuschauen ist fast noch anstrengender, als selbst zu spielen“, sagte Petkovic. Am Dienstag ist die 25-Jährige nun wieder selbst auf dem Platz gefordert. Beim topbesetzten WTA-Turnier in der Stuttgarter Porsche-Arena setzt sie ihr Comeback fort, nachdem sie 2012 mehr Zeit in der Reha als auf dem Court verbracht hat.

In Ana Ivanovic hat Petkovic eine sehr schwere Erstrundengegnerin zugelost bekommen, das bewies die einstige Nummer eins der Welt gerade im Fed Cup mit ihren Siegen gegen Mona Barthel und Angelique Kerber wieder. Doch auf wen Petkovic im Moment auf der Tour trifft, ist ihr eigentlich egal. Das Wichtigste ist, dass sie wieder fit ist. „Ich fühle mich richtig super. Besser geht es fast nicht“, sagte Petkovic der Nachrichtenagentur dpa.

Die ehemalige Nummer neun der Welt klingt dabei fast schon wieder euphorisch, aber überstürzen will sie dieses Mal nichts. „Ich habe mir keine großen Ziele für dieses Jahr gesetzt“, sagte sie, „das einzige, was ich erreichen will, ist, dass ich bei den Grand Slams direkt im Hauptfeld stehe. Das würde mir das Planen sehr erleichtern.“ Um dies zu schaffen, müsste sie wieder unter die Top 100 der Welt zurückkehren, derzeit steht sie an Position 131. Die ersten Erfolge nach ihrer Rückkehr im März in den USA stimmen sie zuversichtlich, das bis Wimbledon im Juni geschafft zu haben.

Weitaus stolzer als ihre jeweils beiden Hauptfeldsiege in Miami und Charleston macht Petkovic aber, dass sie in Charleston zum Achtelfinale gegen Caroline Wozniacki nicht angetreten ist. Die Wade zwickte ein wenig, und in der Vergangenheit hätte das die ehrgeizige Hessin nie und nimmer gestoppt. Doch nach einem Ermüdungsbruch im Rücken, der Fußverletzung von Stuttgart und dem Meniskusriss beim Hopman Cup in Perth ist Petkovic (endlich) schlauer geworden. Der Verzicht zahlte sich aus: „So konnte ich nach vier Tagen schon wieder trainieren.“

Neu ist bei Petkovic jedoch nicht nur das Hineinhorchen in ihren Körper, die Darmstädterin hat auch ihren Übungsplan komplett umgestellt. Weniger ist mehr - das ist nach den niederschmetternden Erfahrungen des vergangenen Jahres die neue Devise. „Ich habe mir mein Selbstvertrauen früher immer über Stunden auf dem Platz geholt. Das brauche ich jetzt nicht mehr“, berichtete Petkovic von ihrer Wandlung. „Ich habe jetzt gelernt, die eineinhalb Stunden auf dem Platz zu 1000 Prozent zu nutzen und mich danach so zu fühlen, als hätte ich sechs Stunden trainiert.“

Endgültig klick gemacht hat es bei Petkovic nach Gesprächen mit Steffi Graf und deren Ehemann Andre Agassi in Las Vegas. „Da hatte ich gerade erst zwei, drei Wochen nach dem neuen System trainiert und hatte schon noch meine Zweifel“, erinnerte sich Petkovic. Aber Graf führte ihrer ehrgeizigen Nachfolgerin das eigene Schicksal vor Augen. „Steffi hat mich quasi angefleht, bitte mache es nicht so wie ich. Guck mich jetzt an, ich kann keine halbe Stunde joggen, ohne fünf Tage Schmerzen zu haben“, erzählte Petkovic.

Spätestens da wusste sie, dass sie sich etwas zurücknehmen muss. Denn eines hat das Seuchenjahr 2012 Petkovic gelehrt. „Das Kapitel Tennis ist für mich noch nicht zu Ende.“