Federer und Nadal machen Halbfinale perfekt
Melbourne (dpa) - Roger Federer ist wieder da, Rafael Nadal kann kommen! Dank einer überzeugenden Vorstellung gegen Wimbledon-Champion Andy Murray hat der Rekord-Grand-Slam-Sieger bei den Australian Open zum elften Mal nacheinander das Halbfinale erreicht.
Auch Boris Becker setzt nach dem Ausscheiden seines Schützlings Novak Djokovic auf den Schweizer. „Ich sage, Federer gewinnt“, hatte der 46-Jährige schon vor Federers beeindruckendem 6:3, 6:4, 6:7 (6:8), 6:3 gegen Murray gesagt.
Doch der spanische Weltranglisten-Erste präsentiert sich in Melbourne erneut als unglaublicher Kämpfer und lässt sich auch von einer schmerzhaften Zwei-Euro-Münzen großen Blase an der Schlaghand nicht behindern. „Ich weiß gar nicht, wie das menschlich überhaupt geht, dass man damit spielen kann“, sagte Becker. Aber Nadal ist eben Nadal, was auch Scharapowa-Freund Grigor Dimitrow beim 3:6, 7:6 (7:3), 7:6 (9:7), 6:2 zu spüren bekam. „Er ist ein riesengroßer Wettkämpfer“, sagte der Bulgare, der Nadal am Rande einer Niederlage hatte.
Wenn es jemand schaffen kann, Nadal den Titel bei seiner Rückkehr nach Australien streitig zu machen, dann Federer. Der von vielen Experten bereits abgeschriebene Eidgenosse knüpfte gegen Murray an seine bislang starken Leistungen an. Zwei Sätze lang hatte 32-Jährige in der Rod Laver Arena alles im Griff. Als ihm auch im dritten Durchgang ein Break zum 5:4 gelang, schien der zehnte Erfolg im 21. Duell mit dem Schotten bereits perfekt.
Doch plötzlich steigerte Murray seine Leistung und sicherte sich nach zwei abgewehrten Matchbällen im Tiebreak den dritten Satz. Für die Wende reichte es aber nicht mehr, zu sehr schien der dreimalige Melbourne-Finalist noch die Nachwirkungen seiner Rücken-Operation zu spüren. „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man nach einer Operation zurückkommt und gleich bei seinem zweiten Auftritt bei einem Grand-Slam-Turnier gewinnt“, sagte der Schotte.
Federer wirkte die gesamte Partie über dominant. „Ich habe gezeigt, dass ich wieder richtig fit bin, dass ich mich gut bewege und in einem großen Match voll da bin“, sagte der Schweizer zufrieden. Er ließ sich auch von insgesamt 13 vergebenen Breakchancen nicht aus der Ruhe bringen. „Ich bin es inzwischen gewohnt, dass ich viele Möglichkeiten nicht nutze.“ Gegen Nadal wird sich der Weltranglisten-Sechste diesen Luxus dennoch nicht erlauben können.
„Ich freue mich sehr auf das Duell mit Rafa. Es wird schön, schwer und brutal“, sagte Federer, nachdem er nach 3:20 Stunden gegen Murray seinen dritten Matchball endlich genutzt hatte. Federer ballte die Faust, auf der Tribüne reckte sein neuer Coach Stefan Edberg beide Arme in die Höhe, und auch die australische Tennis-Legende Rod Laver klatschte begeistert Applaus. „Es ist toll, nach all den Rückschlägen im vergangenen Jahr wieder im Halbfinale zu stehen. Es läuft wie im Traum.“
Dass in ihm und Djokovic-Bezwinger Stanislas Wawrinka erstmals überhaupt zwei Schweizer bei einem Grand Slam im Halbfinale vertreten sind, macht ihn zusätzlich stolz. „Das ist eine tolle Sache, ich habe mich sehr für Stan gefreut“, sagte Federer. Wawrinka bestreitet am Donnerstag das erste Halbfinale gegen den Tschechen Tomas Berdych. Federer und Nadal sind dann am Freitag dran.
Nadal geriet gegen Dimitrow erstmals in Melbourne so richtig in Bedrängnis. Die Blase an der Schlaghand behinderte die Nummer eins der Welt besonders beim Aufschlag. Trotzdem fand er wieder einmal einen Weg, die Partie zu drehen. Als er im Tiebreak des dritten Durchganges zwei Satzbälle des Bulgaren abgewehrt hatte, war der Weg ins Halbfinale frei. „Ich habe ganz schön gelitten“, gestand der Mallorquiner. „Grigor hat eine große Zukunft vor sich.“ Der Freund von Maria Scharapowa trumpfte in der Tat groß auf und konnte die Tränen nach der bitteren Niederlage nicht zurückhalten. „Ich bin tief enttäuscht und ein bisschen am Ende“, sagte Dimitrow.
Becker hatte den geplatzten Titel-Traum von Djokovic in Melbourne dagegen am Tag danach gut verkraftet. Zwar durchlebte der dreimalige Wimbledonsieger eine schlaflose Nacht, insgesamt fiel sein Fazit des ersten gemeinsamen Auftritts mit dem Serben aber positiv aus. „Es war herausfordernd, anstrengend im positiven Sinne“, sagte Becker.