Fehlstart für Boris Becker: Djokovic in Melbourne raus
Melbourne (dpa) - Nach dem bitteren Ende seines Trainerdebüts rauschte Boris Becker schnell von der Anlage im Melbourne Park. Das unerwartete Viertelfinal-Aus seines Schützlings Novak Djokovic hatte auch den dreimaligen Wimbledonsieger tief getroffen.
Statt des vierten Titels bei den Australian Open in Serie gab es für den Serben und seinen neuen Coach bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt auf der großen Tennis-Bühne einen Tiefschlag. Die 6:2, 4:6, 2:6, 6:3, 7:9-Niederlage gegen den Schweizer Stanislas Wawrinka beendete die beeindruckende Serie Djokovics von 25 Siegen in Melbourne.
„Novak hat eineinhalb Sätze stark gespielt. Dann hat Wawrinka ein unglaubliches Niveau erreicht“, ließ Becker nach der Partie übermitteln. „Aber im fünften Satz sah es wieder gut aus. Novak war ein Break vor, hätte 3:1 führen können, doch dann hat er vier Vorhände ohne Not verschlagen. Er hat 7:9 im fünften Satz verloren - das kann passieren. Das ist keine Schande“, meinte der 46-Jährige.
Nachdem Djokovic beim Matchball von Wawrinka einen einfachen Vorhand-Volley weit ins Aus gespielt hatte, applaudierte Becker noch fair auf der Tribüne. Doch die Niederlage tat weh, den Einzug ins Halbfinale hatte das ungleiche Duo als Minimalziel ausgegeben. „Wenn wir das geschafft haben, können wir reden“, hatte Becker in den Tagen von Melbourne immer gesagt. Doch nun, da Djokovic nach einer Serie von 14 Grand-Slam-Halbfinals erstmals wieder vorzeitig ausgeschieden ist, werden die Kritiker aus ihren Löchern kommen, die den Sinn der Zusammenarbeit bereits seit dem ersten Tag angezweifelt haben.
Becker und Djokovic erlebten am Dienstag eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Becker fieberte auf der Tribüne mit, litt und flehte wie Djokovic auf dem Platz. Doch es reichte nicht, nach zwei bitteren Fünf-Satz-Niederlagen in Australien vor einem Jahr und bei den US Open 2013 verließ Wawrinka erstmals in einem wichtigen Spiel als Sieger den Platz. „Ich bin super-, super-, super-glücklich“ sagte Wawrinka nach seinem nicht unverdienten Erfolg in genau vier Stunden. „14 Niederlagen nacheinander waren genug“, meinte der 28-Jährige mit Blick auf seine Negativbilanz gegen den Serben.
Djokovic nahm die Niederlage äußerlich gefasst. „Ich habe genauso bis zum letzten Punkt gefightet wie im letzten Jahr, aber es hat dieses Mal einfach nicht sein sollen“, meinte der Weltranglistenzweite. Seine Zusammenarbeit mit Becker stellte er wegen des Rückschlages nicht infrage. „Es war erst das erste offizielle Turnier für uns. Ich bin zufrieden mit den Dingen, über die wir gesprochen haben und an denen wir weiter arbeiten werden. Natürlich ist es unglücklich, dass wir das Turnier bereits im Viertelfinale beendet haben.“
Dabei hatte Djokovic anfangs eigentlich alles im Griff. Nach nur 31 Minuten hatte der Titelverteidiger den ersten Satz mit 6:2 gewonnen. Becker stand in der Box auf und klatschte - alles schien seinen gewohnten Gang zu nehmen. Doch mit Beginn des zweiten Abschnitts glitt dem Weltranglisten-Zweiten die Partie immer mehr aus den Händen. Ihm unterliefen jetzt erstaunlich viele leichte Fehler. Symptomatisch, dass der 26-Jährige den zweiten Abschnitt mit einem leichten Rückhand-Return-Fehler abgab.
Der Serbe hatte nun völlig seinen Rhythmus verloren. Als ihm zu Beginn des dritten Satzes ein leichter Fehler unterlief, raufte sich Becker auf der Tribüne die Haare. Ansonsten versuchte der dreimalige Wimbledonsieger von der Spielerbox aus aber Ruhe auszustrahlen, ließ sich seine Unzufriedenheit nicht anmerken. Djokovic selbst haderte dagegen auf dem Court mit sich, schrie seinen Frust immer wieder in die kühle Melbourner Nacht. Wenig später war aber auch der dritte Satz futsch.
Doch dann bewies Djokovic wieder einmal sein großes Kämpferherz. Der sechsmalige Grand-Slam-Turnier-Sieger biss sich zurück in die Partie und schaffte den Satzausgleich. Im entscheidenden Abschnitt lieferten sich beide wie im Vorjahr einen packenden Fight. Zunächst gelang Djokovic das Break zum 2:1, doch Wawrinka zeigte sich nicht geschockt und schaffte postwendend das Re-Break. Damit wechselte das Momentum wieder auf seine Seite, nach exakt vier Stunden war die große Überraschung perfekt.