Heim-Tennistrio im Münchner Halbfinale

München (dpa) - Die deutschen Tenniscracks ließen sich von den Zuschauern feiern, die La-Ola-Welle schwappte mehrmals durch die Münchner Arena. Dank bravouröser Auftritte auf dem bayerischen Sand stehen Tommy Haas, Philipp Kohlschreiber und Daniel Brands im Halbfinale beim ATP-Heimspiel.

Damit steht schon jetzt fest, dass am Sonntag im Finale mindestens ein Deutscher steht. Im Optimalfall könnte es sogar zu einem rein-deutschen Match kommen.

„Ein geiles Publikum“, frohlockte Titelverteidiger Kohlschreiber, „das Turnier hier muss eben von einem Deutschen gewonnen werden.“ Erst zum fünften Mal in der ATP-Geschichte überhaupt schafften drei Deutsche gemeinsam den Sprung ins Halbfinale. Zuletzt war das vor knapp 14 Jahren in Hongkong gelungen, als Hendrik Dreekmann sowie Bernd Karbacher in der Vorschlussrunde scheiterten und sich Boris Becker im Endspiel Andre Agassi (USA) geschlagen geben musste. „Ein toller Erfolg mal wieder fürs deutsche Tennis“, sagte Brands.

Mit wiedergewonnener Stärke und beeindruckenden Schlägen setzte sich Altstar Haas gegen seinen Landsmann Florian Mayer durch, nach dem lockeren 6:4, 6:1 winkt für den 35-Jährigen nun der erste Titel in München. „Das war ein sehr, sehr gutes Match von mir“, erkannte der Publikumsliebling unter dem Jubel der bayerischen Fans auf dem Center Court. Auf dem Weg ins Endspiel muss Haas am Samstag den Kroaten Ivan Dodig ausschalten.

Vorjahressieger Kohlschreiber hatte gegen den angeschlagenen Serben Viktor Troicki beim 6:3, 7:6 (7:3) ebenso wenig Mühe; dem Augsburger winkt sogar schon der dritte Turniersieg in München. Für eine weitere Überraschung sorgte Daniel Brands: Einen Tag nach seinem Sieg über den französischen Star Gael Monfils schlug der Deggendorfer Aufschlagkünstler auch den topgesetzten Serben Janko Tipsarevic mit 6:3, 4:6, 6:4 - und trifft nun auf Kohlschreiber. „Daniel wird mit monsterviel Selbstvertrauen auflaufen“, sagte der Favorit.

Für Haas wäre der Münchner Titel eine Premiere. „Es ist vielleicht meine letzte Chance, hier zu gewinnen“, betonte der Basecap-Träger bei seinem zehnten München-Auftritt. Nach der dominanten Vorstellung gegen Mayer machte ihm der Bayreuther das größte Lob: „Tommy hat einfach gespielt wie von einem anderen Stern“, lobte Mayer und befand: „Wenn er so spielt, muss ihn erstmal einer schlagen.“

Haas-Gegner Dodig hat sich bereits den Ruf als Favoritenschreck erarbeitet - nicht zuletzt durch seinen 6:4, 6:4-Viertelfinalsieg über den an Nummer fünf gesetzten Ukrainer Alexander Dolgopolow. „Dodig wird ein ganz schöner Brocken“, urteilte Haas vor seinem vierten Halbfinale in 2013, „er ist ein absoluter Kämpfer, er spielt sehr aggressiv.“ Zuvor hatte der Kroate bereits die Mitfavoriten Nikolai Dawydenko (Russland) und Marin Cilic (Kroatien) besiegt.

Haas brauchte einige Minuten, um bei sommerlichen Temperaturen richtig in Schwung zu kommen. Ausgerechnet ein frühes Break von Mayer zum 2:3 im ersten Satz weckte den Wahl-Amerikaner auf - und Haas schaltete sofort zwei Gänge hoch. Mit seiner starken Rückhand, sehr gut getimten Stoppbällen und einem alles in allem äußerst variantenreichen Spiel ließ er den Bayreuther ständig ins Leere laufen, konterte Mayers Break sofort - und sicherte sich unter dem Applaus der Zuschauer im dritten Versuch schnell Durchgang eins.

Der sonst eher besonnene Mayer reagierte gefrustet, nagelte kurz vor dem Satzverlust aus purer Wut einen Ball in den Himmel. „Da habe ich auf dem Platz die Nerven verloren“, gestand Mayer. Eine Antwort auf das druckvolle Spiel von Haas hatte er aber nicht, lag deshalb auch im zweiten Durchgang schnell aussichtslos hinten. Nach nur 58 Minuten sicherte sich Haas schon das Halbfinale - und hielt auch seine Statistik sauber: In nunmehr fünf Partien gegen Mayer behielt Haas immer ohne einen einzigen Satzverlust die Oberhand.

Kohlschreiber zeigte sich gegen Troicki besonders am Ende des ersten Satzes nervenstark, als er gleich mehrfach Breakbälle des Serben formidabel abwehrte - und den Durchgang dann noch für sich entschied. In Satz zwei zeigte er im Tiebreak viel Cleverness. „Die Big Points habe ich gewonnen“, erkannte der Augsburger.

Brands knüpfte gegen Tipsarevic, immerhin die Nummer zehn der Welt, an seinen sensationellen Auftritt am Vortag gegen Monfils an. Die brachialen Aufschläge des 25-Jährigen demoralisierten den Turnierfavoriten, der nach 97 Minuten enttäuscht klein beigeben musste. Brands ballte die Faust nach dem Sieg - zum zweiten Mal in diesem Jahr steht der 1,90-Meter-Hüne in einem ATP-Halbfinale. Anfang des Jahres hatte er in Doha schon mal die Vorschlussrunde erreicht. „Wenn man einen Top-10-Spieler schlägt, beflügelt das“, meinte Brands.