Tennis Kerber erfüllt sich Traum vom Grand-Slam-Finale
Melbourne (dpa) - Nachdem sich ihr „halber Traum“ vom ersten Einzug in ein Grand-Slam-Finale erfüllt hatte, hatte Angelique Kerber nur noch einen Wunsch. „Steffi, bitte schreibe mir“, sagte die Kielerin nach ihrem Halbfinal-Sieg bei den Australian Open gegen Johanna Konta aus Großbritannien.
Und auch dieser Wunsch ging für die deutsche Nummer eins an diesem Tag in Erfüllung. In der Pressekonferenz nach dem nicht schönen, aber besonders wertvollen 7:5, 6:2 gegen Konta präsentierte Kerber stolz die Glückwünsche ihres Idols.
„Ich gratuliere. Ich freue mich riesig. Liebe Grüße aus Las Vegas“, schrieb die Rekord-Grand-Slam-Turnier-Siegerin der ersten deutschen Melbourne-Finalistin seit 20 Jahren.
Für Kerber war es ein langer Weg in ihr erstes Endspiel bei einem der vier wichtigsten Turniere. Doch dass ihr Höhenflug gerade jetzt Down Under einsetzt, kommt für die 28-Jährige nicht völlig überraschend. „Ich bin seit vier Jahren in den Top Ten, jetzt wird es auch mal Zeit“, sagte Kerber. Nachdem sie mit dem Vorrunden-Aus bei den WTA-Finals in Singapur das eigentlich erfolgreiche Jahr 2015 mit einer großen Enttäuschung abgeschlossen hatte, ging Kerber in der kurzen Pause auf den Malediven hart mit sich ins Gericht.
„Sie hat sich nach der letzten Saison gnadenlos selbst reflektiert und bekommt jetzt endlich die Bühne und das Ansehen, die sie längst verdient hat“, sagte Bundestrainer Barbara Rittner, die einfach nur „stolz“ auf den Erfolg ihrer Nummer eins ist.
Als Kerber wieder ins Training einstieg, formulierte sie für sich ungewohnt forsche Ziele. Der Fokus solle nun auf den großen Turnieren liegen, sie wolle es bei den Grand Slams krachen lassen. „Vier Jahre in den Top Ten ist schön, aber jetzt muss auch nochmal was anderes kommen. Das habe ich dann auch ganz offen angesprochen und jetzt bin ich hier im Finale“, sagte Kerber, „mit Ansage“.
Im Endspiel am Samstag (9.30 Uhr) trifft sie nun auf die übermächtige Serena Williams, die der Polin Agnieszka Radwanska im ersten Halbfinale beim 6:0, 6:4 nicht den Hauch einer Chance ließ. „Wenn sie so spielt wie heute, gibt es derzeit glaube ich keine, die sie schlagen kann“, sagte Radwanska über die Amerikanerin.
Kerber will es trotzdem probieren. „Ich werde versuchen, Serena zu zeigen, hier bin ich, ich will das Ding auch gewinnen“, sagte die nach ihrem Triumphzug vor Selbstvertrauen strotzende Norddeutsche. „Der Traum geht noch weiter. Aber klar, der halbe Traum ist auf jeden Fall in Erfüllung gegangen mit dem Erreichen eines Grand-Slam-Finals.“
Das Duell mit Williams will sie daher auch genießen. „Ich habe nichts zu verlieren“, sagte Kerber, „Serena dagegen schon.“ Während man Kerber, die nach den Australian Open auf jeden Fall erstmals in ihrer Karriere die Nummer vier der Welt sein wird, gegen Konta den Druck und die Angst vor der Niederlage gegen die Außenseiterin deutlich anmerkte, kann sie gegen Williams befreit aufspielen. „Vom Einmarsch in die Rod Laver Arena über das Spiel bis hin zur anschließenden Zeremonie will ich einfach meinen Spaß haben.“
Und sollten ihr dann sogar die große Sensation und der erste deutsche Grand-Slam-Sieg seit Steffi Grafs letztem Triumph bei den French Open 1999 gelingen, wird sie sicher auch wieder nicht lange auf die Glückwünsche von Deutschlands Tennis-Legende warten müssen. Zumal Kerber verhindern würde, dass Williams den Grand-Slam-Rekord von Graf mit 22 Major-Titeln einstellen würde. Eine Zusatzmotivation für Kerber? „Ja. Ich denke, wir Deutschen müssen zusammenhalten.“