Klizan gewinnt - Licht und Schatten bei Haas und Struff
München (dpa) - In einem waren sich Tommy Haas und Jan-Lennard Struff einig: Mit so einem Tennis-Wochenende hatten beide nicht gerechnet. Bei der Abreise aus München unterschieden sich die Gemütszustände des Routiniers und des Rookies dann aber doch deutlich.
Während Haas nicht nur wegen der verpassten Titelverteidigung bei dem ATP-Turnier, sondern vor allem mit der Art und Weise der Halbfinal-Niederlage haderte, konnte sein 24 Jahre alter Landsmann zufrieden sein. Zwar war auch er in der Vorschlussrunde unterlegen, aber das immerhin dem topgesetzten Italiener Fabio Fognini.
Dieser unterlag in einem kuriosen Finale dem Qualifikanten Martin Klizan 6:2, 1:6, 2:6 - und das obwohl der Slowake nach eigener Auskunft nur eine halbe Stunde geschlafen hatte, an ständigen Magenkrämpfen litt, zwei Tabletten schlucken musste und kurz vor der Aufgabe stand.
Haas hätte nur all zu gern ein weiteres Mal nach 2013 am Aumeisterweg triumphiert. Seine malade rechte Schulter, kühle Temperaturen und ein unangenehmer Gegner Klizan machten dem 36-Jährigen bei dessen Comeback am Samstag aber einen Strich durch die Rechnung. Von einem „ganz bitteren“ Tag sprach Haas nach dem 3:6, 2:6. „Es waren die schlimmsten Bedingungen, die man haben konnte. Das war nicht einfach zu akzeptieren“, klagte der Altmeister. „Wer weiß, vielleicht war es das letzte Match in München. So möchte man das nicht beenden“, meinte er vor der Abreise zum Masters nach Madrid.
Haas habe sich intensiv vorbereitet und sichtlich bemüht, befand Turnierdirektor Patrik Kühnen, der lange um den Einsatz des ehemaligen Weltranglistenzweiten bangen musste - da ging es ihm übrigens nicht anders als dem angeschlagenen Spieler selbst. „Vor zwei bis drei Wochen wusste ich gar nicht, ob ich spielen kann“, erinnerte Haas.
Mit Blick auf Struff schwärmte Kühnen vom „besten Turnier seiner Karriere“. Der Weltranglisten-15. Fognini sei „einfach eine Nummer zu groß“ sei gewesen, befand Struff bescheiden nach dem 3:6, 1:6. „Ich muss weiter arbeiten, damit es weiter so läuft“, sagte er, „mich Schritt für Schritt verbessern.“
Der Einzug in die Runde der besten Vier bei dem mit 485 760 Euro dotierten Sandplatzevent brachte Struff seinen ersten Platz unter den Top 75 der Welt ein - sein erstes ATP-Halbfinale im Februar in Marseille hatte ihm eine Nominierung für den Davis Cup beschert. Auch wenn er bei der Fast-Sensation des deutschen Teams in Frankreich nur Ersatzmann war, habe er in Nancy viel „Extra-Motivation“ getankt. Dem Warsteiner mit der krachenden Vorhand könnte die Zukunft hierzulande gehören - dabei hatte er sich als Spätstarter erst nach dem Abitur 2009 komplett auf Tennis konzentrieren können.
Mit welcher Stimmung Fognini nach Madrid reist, lässt sich nach dem Endspiel unschwer vorhersagen: Mit 6:2 hatte der Italiener den ersten Satz für sich entschieden, in dem Finalgegner Klizan scheinbar heftig angeschlagen war, sein Gesicht immer wieder im Handtuch vergrub und einmal sogar den Platz verließ. Dann aber kassierte Fognini im ersten Spiel des zweiten Durchgangs das Break, verlor die Nerven, zertrümmerte sogar seinen Schläger und war nach 1:28 Stunden geschlagen. Klizan feierte den zweiten Turniersieg seiner Karriere. Auch 2012 in St. Petersburg hatte er Fognini im Finale bezwungen.
„Hoffentlich geht es ihm jetzt besser als während des Matches“, giftete Fognini auf der Pressekonferenz. Auf die Frage, ob Klizan möglicherweise etwas vorgetäuscht habe, um ihn aus dem Konzept zu bringen, sagte der Italiener: „Ich glaube ja. Mal sehen, wie viele Spiele er am Ende des Jahres in dieser Manier gewonnen haben wird.“ Der Sieger wies die Vorwürfe zurück: „Ich habe keine Show abgezogen.“