„Danke euch beiden“ Nicht nur die Tenniswelt huldigt Federer und Nadal

Melbourne (dpa) - Am Tag nach seiner unvergesslichen Tennis-Show posierte Roger Federer noch einmal mit dem unerwartetsten seiner nun 18 Grand-Slam-Pokale.

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Mit dem liebgewonnen Stück im Arm berichtete der Schweizer in einem Park in Melbourne über seine kurze Nacht nach seinem sensationellen Australian-Open-Triumph und seine Gedanken nach dem Aufwachen: „Nachdem ich heute Morgen doch noch eine Stunde geschlafen hatte und aus dem Zimmer ging, dachte ich: Es stimmt wirklich, es war nicht einfach nur ein Traum“, sagte Federer.

Mit Freunden und Familie und einem eigenen DJ hatte der 35-Jährige den Endspiel-Erfolg über den Spanier Rafael Nadal gefeiert. „Ich ging nicht mal ins Hotelzimmer, sondern gleich mit der Tennistasche in den Club“, verriet er gut gelaunt. Als er gegen 6.30 Uhr zurückkehrte, weckten ihn seine vier Kinder schnell wieder auf. „Die Buben haben gleich ihre Spielsachen in den Pokal reingetan“, erzählte Federer lachend. „Und die Mädchen haben angefangen, ihn zu putzen.“

Auch die Zwillingspaare hätten sicher nichts gegen weitere Pokale des Papa. Seine bemerkenswerte Reise durch das Turnier strahlte auch am Tag danach aus Melbourne noch in die Sportwelt. Und niemand mag sich vorstellen, dass der Grand-Slam-Rekordsieger und der diesmal tief enttäuschte Nadal die Schläger eines Tages aus der Hand legen werden.

Als „Genius“ zeichnete Boris Becker Federer aus. Sprintstar Usain Bolt gratulierte via Twitter ebenso wie die Fußball-Weltmeister Mats Hummels, Philipp Lahm, Mesut Özil Toni Kroos und Lukas Podolski - und auch Golf-Legende Jack Nicklaus. „Als großer Fan des Tennis und von Ihnen, hören Sie jetzt nicht auf“, beschwor der 77-jährige Amerikaner - selbst Gewinner von 18 Major-Titeln - den 35 Jahre alten Baseler.

Diese Bedenken zerstreute Federer wenige Stunden nach dem nie erwarteten Triumph. Er wolle auch 2018 in Melbourne sein. „Ich hoffe natürlich, dass ich im nächsten Jahr zurückkommen kann“, betonte die langjährige Nummer eins.

Auf dem Platz hatte er sich noch nicht so klar geäußert und Raum für Interpretationen gelassen. Federer ist vorsichtig, nachdem er sich nach den vorigen Australian Open beim Baden mit seinen Töchtern einen Meniskusriss zuzog und wegen Beschwerden nach seiner Operation im vorigen Juli frühzeitig die vergangene Saison beenden musste. „Du weißt nie, wann dein nächster Grand Slam sein wird, wann du noch einmal eine Möglichkeit auf dieser Bühne bekommst“, erklärte Federer. Drei schwere Fünf-Satz-Matches in Melbourne seien nach dem schweren Jahr wenig hilfreich, frühzeitige Leistenbeschwerden im Turnier der Preis für die Rückkehr. Trotzdem: 2018 ist Down Under sein Ziel.

Das hoffen auch seine Kollegen. „Danke euch beiden, hört niemals mit dem Tennis auf“, bat der Argentinier Juan Martin Del Potro. „Dieser Roger Federer erfindet sich immer wieder neu und wird das hoffentlich noch lange Zeit tun“, schrieb die „Basler Zeitung“.

Medien feierten ihn nach dem „Finale, bei dem die Welt still stand“, wie „The Age“ in Australien dichtete. Die Schweizer Boulevard-Zeitung „Blick“ meinte: „Dieses Märchen sucht seinesgleichen.“ Die französische „L'Équipe“ befand: „Als Sieger seines 18. Grand Slams mit 35 Jahren untermauert der Schweizer seinen Platz im Pantheon der größten Sportler aller Zeiten, an der Seite von Pelé, Muhammad Ali oder Carl Lewis. Um nicht zu sagen an erster Stelle?“

Während Federer die Herzen zuzufliegen scheinen, bekam Nadal viel Trost. Er wirkte fast genauso unglücklich wie bei seinem French-Open-Abschied 2016 wegen seiner Handgelenksverletzung. Der 30-Jährige will vor allem Positives in die restliche Saison mitnehmen, aber das Gesicht schien anderes auszudrücken.

Als einen der Champions mit der größten Klasse lobte der frühere Weltranglisten-Erste Andy Roddick den mit 14 Grand-Slam-Titeln dekorierten Nadal. „Tennis ist glücklich, dich zu haben. GRANDE“, schrieb der Amerikaner. Auch er war begeistert vom Finale. „Ich kann nicht glauben, was ich da gesehen habe“, meinte Roddick.

Die „Neue Zürcher Zeitung“ (Montag-Ausgabe) brachte es mit Blick auf den Zeitraum zwischen dem Wimbledonsieg 2012 und dem Sonntagabend von Melbourne noch einmal auf den Punkt: „Roger Federers 18. Grand-Slam-Titel ist der bedeutendste. Er beendet eine viereinhalbjährige Phase der Kritik und des Zweifelns.“

Drei Wochen gönnt sich der Australian-Open-Sieger nun Pause bis zum nächsten Turnier in Dubai. In der Weltrangliste ist der Altmeister schon jetzt als Zehnter in die Top Ten zurückgekehrt.