Sieg gegen Schwester Venus Serena Williams wieder die Eins nach Titel 23
Melbourne (dpa) - Der ausgestreckte Zeigefinger für die Eins der Tennis-Welt, die Schuhe im Michael-Jordan-Design mit der Nummer 23: Serena Williams zeigte deutlich, wie wichtig ihr der siebte Australian-Open-Triumph ein Jahr nach dem Final-Schock gegen Angelique Kerber wohl im tiefsten Herzen war.
Durch das 6:4, 6:4 im wenig erinnerungswürdigen Schwestern-Finale gegen die 36-jährige Venus Williams holte sich die 35-jährige Serena Platz eins der Weltrangliste von Kerber zurück - und muss sich nach dem 23. Grand-Slam-Titel in Melbourne den Rekord für die Profi-Ära nun nicht mehr mit Steffi Graf teilen. Die rot-schwarzen Schuhe erinnerten an Jordan und die Chicago Bulls, wo der Basketball-Superstar das Trikot mit der Nummer 23 getragen hatte.
„Es hört sich großartig an. Ehrlich gesagt, ist es verrückt“, meinte die Amerikanerin über die Bestmarke, über die sie im Turnierverlauf nicht sprechen mochte. „Das hilft mir, entspannt zu bleiben. Ich habe nichts mehr zu verlieren, aber diesmal habe ich es ehrlich gemeint. Es hat geklappt für mich“, sagte sie bestens gelaunt in einem Fernsehinterview, während ihr im Melbourne Park die Fans zujubelten.
Venus Williams kündigte an, dass ihre Schwester nach einigen vergeblichen Anläufen in den vergangenen Jahren die Titelsammlung bei Grand Slams noch vergrößern will. Die Australierin Margaret Court ist mit 24 Triumphen übergreifend die Rekordhalterin.
Beim Siegerfoto streckte Serena Williams den rechten Zeigefinger aus - wie eine Eins, während sie im linken Arm den zurückeroberten Daphne Akhurst Memorial Cup hielt. Titelverteidigerin Kerber war schon im Achtelfinale ausgeschieden und verliert Platz eins im Ranking, den sie nach dem US-Open-Sieg am 12. September übernommen hatte.
„Ich könnte hier noch eine Weile stehen. Das habe ich im vorigen Jahr vermisst“, sagte die strahlende Siegerin, nachdem sie aus den Händen der zweimaligen Titelträgerin Hana Mandlikova die Trophäe aus ihrer Sicht wohl zurückerhalten hatte und stolz präsentierte.
Beide Schwestern schienen sich 14 Jahre nach ihrem ersten Final-Duell an gleicher Stelle zunächst nicht von ihrer Nervosität befreien zu können. Im 28. Duell zwischen beiden - dem neunten um einen Titel bei einem Grand-Slam-Turnier - bekamen die 15 000 Zuschauer in der Rod-Laver-Arena an einem herrlichen Sommerabend lange Zeit nur selten gutes Tennis von beiden zu sehen. Die Klasse und Spannung des letztjährigen Finals zwischen Serena Williams und Angelique Kerber hatte das Familienduell über weite Strecken nicht zu bieten.
Serena Williams zerlegte im Endspiel mit dem höchsten Gesamtalter beider Spielerinnen während der Profizeit nach einem Netzroller sogar kurzerhand ihren Schläger - und war ob ihrer eigenen Wucht selbst ein bisschen überrascht. Überraschungs-Finalistin Venus ging beim 3:2 erstmals in Führung. Die 17. der Weltrangliste wirkte trotz einiger guter Schläge aber oft genauso unzufrieden. Nach überstandener Krankheit mit chronischer Erschöpfung war sie nach langer Wartezeit mit der Hoffnung auf ihren achten Grand-Slam-Titel ins Endspiel gegangen. Serena konnte jedoch ihre Fehlerquote verringern und langsam ihre Favoritenrolle ausspielen.
Wirklich Stimmung kam erstmals auf, als Venus Williams im zweiten Durchgang zwei Breakbälle abwehrte, 2:1 in Führung ging und so zumindest ihre Chancen auf eine Wende wahrte. Nachdem Serena wenig später aber die dritte Möglichkeit für das Break zum 4:3 nutzte, ließ sie sich auf dem Weg zum Triumph nicht mehr aufhalten und nutzte nach 1:22 Stunden gleich ihren ersten Matchball.