Nur Berrer übrig - Tennis-Herren mit wenig Klasse

Paris (dpa) - Nur einer kam durch: Michael Berrer ist der letzte Deutsche in der Herren-Konkurrenz von Paris. Der Rest ist schon wieder zu Hause. Bei den French Open mangelte es nicht an Masse, aber an Klasse.

Als Patrik Kühnen in den ersten Tagen der French Open auf der engen Tennis-Anlage von Roland Garros umherlief, war der Davis-Cup-Teamchef stets in Eile. Gleich 14 deutsche Spieler hatten sich für das zweite Grand-Slam-Turnier des Jahres qualifiziert, und Kühnen wollte so viele wie möglich von ihnen sehen. Hier Tommy Haas bei seinem Comeback auf Court 17 unterstützen, dann schnell rüber zum anderen Ende des Geländes, um Philipp Petzschner zu beobachten. Kühnen hatte viel zu tun.

An diesem Samstag kann sich der 45-Jährige mehr Zeit lassen. Mit dem Stuttgarter Michael Berrer gibt es nur noch einen Deutschen, dem er in der dritten Runde gegen den an Nummer vier gesetzten Schotten Andy Murray auf der Tribüne die Daumen drücken kann.

Mehr Masse als Klasse - das Motto trifft unweit des Eiffelturms einmal mehr auf das deutsche Herren-Tennis zu. Nur die gastgebenden Franzosen (21) hatten mehr Spieler im Hauptfeld als Deutschland. „Wenn von 14 nur einer durchkommt, ist das natürlich schwach“, gestand der letzte „Mohikaner“ Berrer. Die Herren stehen im Schatten der Power-Frauen Andrea Petkovic und Julia Görges. Allerdings verlor auch Görges am Freitag in der dritten Runde knapp gegen die ehemalige Wimbledon-Finalistin Marion Bartoli aus Frankreich.

Kühnen warb um Verständnis für seine wieder einmal strauchelnden Schützlinge: „Man muss die Spiele differenziert betrachten.“ Doch vor allem das Zweitrunden-Aus von Florian Mayer gegen den kolumbianischen Qualifikanten Alejandro Falla war enttäuschend. Die neue deutsche Nummer eins vergab leichtfertig die große Möglichkeit, auch bei einem Grand-Slam-Turnier den Durchbruch zu schaffen.

„Man hat Flo die Strapazen der vergangenen Wochen angemerkt“, meinte Kühnen. „Wenn man gegen Falla in der zweiten Runde spielt, ist das aber natürlich eine große Chance.“ Auch Philipp Kohlschreiber und Petzschner patzten gegen schlagbare Kontrahenten.

Und so ist Berrer der letzte Deutsche in Roland Garros. Erstmals überhaupt steht der 30-Jährige bei einem Grand-Slam-Turnier in der dritten Runde. „Das hat er sich mit einer kämpferischen Leistung verdient“, lobte Kühnen. Berrer selbst wollte den Sieg gegen Franreichs Routinier Arnaud Clément nicht überbewerten. „Ich bin bei mir immer etwas vorsichtig“, meinte die Nummer 95 der Welt.

Der Stuttgarter hat eine durchwachsene Zeit hinter sich. In Zagreb stand er Anfang Februar wie schon 2010 im Finale, im vergangenen Jahr setzte es allerdings auch 16 Erstrundenpleiten. Hinzu kam der Trubel um seinen Davis-Cup-Verzicht für die vergangene Saison.

Berrers Traum ist eine Teilnahme an den Olympischen Spielen 2012 in London. „Das wäre ein tolle Sache“, sagte der Schwabe, der dafür hart arbeitet. „Die Wälder in Stuttgart kennen mich schon sehr gut“, witzelte Berrer, mit 99 Kilo einer der schwersten Spieler der Tour. „Ich bin einfach etwas breiter gebaut. In den letzten ein, zwei Jahren brauche ich jetzt auch keine Diät mehr zu machen.“