Petkovic freut sich erstmals auf Wimbledon
Nürnberg (dpa) - Wimbledon kann kommen! Nach ihren besten zwei Tennis-Wochen in diesem Jahr scheint Andrea Petkovic den Klassiker auf Gras geradezu herbeizusehnen - auch dank der Inspiration durch Roger Federer.
„Das erste Mal in meinem Leben freue ich mich auf Rasen. Ich hab mich nie auf Wimbledon freuen können, weil ich mir da immer so einen Druck gemacht habe nach dem Motto: Oh Gott, ich kann nicht auf Rasen spielen. Bislang ist das ja eher so eine Hassliebe zwischen dem Rasen und mir“, sagte die 25 Jahre alte Darmstädterin nach der Endspiel-Niederlage beim neuen WTA-Turnier in Nürnberg.
Bei ihren beiden bisherigen Auftritten im All England Lawn Tennis Club scheiterte die Hessin in Runde eins (2010) und Runde drei (2011). Im vergangenen Jahr fehlte sie verletzt. Doch nun hat Andrea Petkovic zwei Wochen hinter sich, die sie offensichtlich brauchte zum Bekämpfen von Zweifeln und Angst und zur Rückgewinnung des Vertrauens in sich selbst und vor allem in ihren zuletzt oft streikenden Körper.
Zehn Matches in zwölf Tagen hat die ehemalige Nummer neun der Welt bestanden. Beim zweitklassigen ITF-Turnier in Marseille gewann sie den Titel, in Nürnberg verlor sie erst im Finale 3:6, 3:6 gegen die überzeugend auftretende Rumänin Simona Halep.
„Ich hoffe wirklich, dass das eine Initialzündung war und dass der Trend jetzt weiterhin nach oben zeigt“, sagte Petkovic. Nach ihrem schlimmen Jahr 2012, in dem sie mehr Zeit in der Reha als auf dem Court verbracht hatte, standen die Ergebnisse 2013 auch noch nicht gerade im Einklang mit Petkovics Ehrgeiz und Talent. In Indian Wells schied Petkovic im März in der Qualifikation aus, in Miami erreichte sie die dritte Runde, in Charleston das Achtelfinale.
Dort trat sie gegen Caroline Wozniacki nicht an, weil die Wade zwickte. Anschließend folgten erneut schaurige Ergebnisse. In Stuttgart flog Petkovic in Runde eins raus, in Madrid und zuletzt bei den French Open sogar in der Qualifikation. „Ich hab den Karren noch nicht ganz aus dem Dreck gezogen“, sagt sie auch heute noch.
Ihre Rücktrittsgedanken - die dem ersten Frust nach dem unerwarteten Rückschlag in Roland Garros geschuldet waren - verwarf sie schnell wieder und buchte statt eines Heimfluges spontan den Trip nach Marseille. Dort feierte sie fünf Siege ohne Satzverlust, darunter ein 6:0, 6:0 im Halbfinale gegen Monica Puig. An der jungen Dame aus Puerto Rico war Petkovic drei Monate zuvor noch in der Qualifikation von Indian Wells gescheitert. Eine vermeintliche Randnotiz nur, aber für die Einser-Abiturientin mit dem Hang zum Grübeln vielleicht genau der richtige Seelenbalsam.
„Ich habe ja wirklich daran gezweifelt, ob ich überhaupt jemals wieder zu der alten Tennisspielerin werde, die ich einmal war“, sagte Petkovic nun und fügte in wunderbar vielsagenden Worten hinzu: „Ich glaube auf jeden Fall, dass ich jetzt wenigstens vielleicht diese allgemeinen Zweifel ein bisschen eingedämmt habe.“
So reist sie nun also am Dienstag nach London in dem Wissen, dass „der Körper gehalten hat“, und mit dem Wissen eines siebenmaligen Wimbledon-Champions. „Ich habe mir Interviews von Roger Federer angeschaut, was seine Geheimnisse sind auf dem Rasen“, erzählte Petkovic. Der Schweizer ziehe die Bälle immer mindestens einen Meter übers Netz. „Das werde ich jetzt auch versuchen.“