Petkovic und Kerber: deutsche Tennis-Elite
Stuttgart (dpa) - Faktisch gesehen ist Andrea Petkovic nach wie vor die deutsche Nummer eins, als Elfte der Weltrangliste führt sie den Tennis-Aufschwung hierzulande weiter an. In der Fed-Cup-Relegation gegen Australien muss sich die Darmstädterin in Stuttgart trotzdem erst einmal hinten anstellen.
Drei Monate war die 24-Jährige wegen eines komplizierten Ermüdungsbruches im Rücken außer Gefecht gesetzt, in der schnelllebigen Tennis-Welt ist das eine lange Zeit. Während Petkovic sich in der Reha quälte und nebenbei viel Gelegenheit zum Nachdenken hatte, stürmte in Angelique Kerber eine andere Deutsche in die Schlagzeilen. Turniersieg in Paris, Triumph in Kopenhagen - gegen Australien ist die Kielerin plötzliche die klare Nummer eins. „Sie strotzt vor Selbstvertrauen“, sagte Teamchefin Barbara Rittner.
Selbstvertrauen - das ist eine Eigenschaft, die auch Petkovic in ihrem beeindruckenden Jahr 2011 besonders ausgezeichnet hat. Doch wer die Hessin am Mittwoch bei der ersten Pressekonferenz vor dem Abstiegskrimi sah, erkannte sie kaum wieder. Ernst und kurz angebunden präsentierte sich die Vorzeigeathletin, die Zeit der Ungewissheit und des Stillhaltens hat an ihr genagt.
„Es war keine einfache Phase für mich“, sagte Petkovic. In der Abgeschiedenheit von Donaustauf, wo sie ihre Reha absolvierte, und im Urlaub auf den Malediven blieben der gebürtigen Serbin viele Stunden zum Grübeln. „Ich war nicht sonderlich erträglich in der Zeit“, gestand sie. Auch weil sie sich offenbar über Berichte ärgerte, in denen ihr vorgeworfen wurde, nicht früh genug auf ihren Körper gehört zu haben. Als Konsequenz daraus hat sie nun entschieden, sich stark aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen.
Allerdings ist Petkovic selbst zu der Erkenntnis gekommen, dass sie hin und wieder vielleicht doch zu schnell zu viel gewollt hat. „Ich glaube schon, dass ich mich teilweise sehr in meine Ziele verrannt habe.“ Im vergangenen Jahr bei den US Open spielte sie trotz einer Knieverletzung weiter, um unbedingt beim Masters am Saisonende dabei zu sein. Auch die Rückenschmerzen plagten sie bereits eine ganze Weile. „Ich merke erst jetzt, was ich für Einschränkungen hatte“, sagte Petkovic. Nun fühlt sie sich wieder fit.
Während die dreimalige Grand-Slam-Viertelfinalistin versucht, sich dem Rummel um ihre Person zu entziehen, genießt Kerber das gestiegene Interesse. „Ganz offen, mir gefällt das“, sagte die 24-Jährige dem „Hamburger Abendblatt“. Die Norddeutsche hat ihre Phase des Zweifelns und Zauderns bereits hinter sich. Noch vor einem Dreivierteljahr wollte sie nach einer Pleitenserie ganz aufhören, jetzt scheint ihr Höhenflug keine Grenzen zu kennen.
Angst, an der Erwartungshaltung zu zerbrechen, hat die Nummer 14 der Welt nicht. „Der Druck ist groß, aber ich muss lernen, damit umzugehen“, sagte Kerber. „Das ist eine neue Herausforderung, der ich mich gern stelle.“ Mit zwei Einzelsiegen gegen Samantha Stosur und Jarmila Gajdosova könnte sie den Grundstein zum Verbleib in der Weltgruppe legen - und damit auch Andrea Petkovic einen Schub geben.