Petkovic will Chaos nutzen - „Kann jede schlagen“
Paris (dpa) - Dem erstmaligen Einzug ins Achtelfinale der French Open ließ Andrea Petkovic eine Kampfansage an die Konkurrenz folgen. „Wenn ich gut spiele, kann ich jede auf der Welt schlagen“, sagte die Darmstädterin nach ihrem Drittrundensieg gegen die Australierin Jarmila Gajdosova forsch.
Im derzeitigen Chaos des Damen-Tennis traut sich die deutsche Nummer eins sogar ihren ersten Grand-Slam-Sieg zu. „Ich denke definitiv, dass ich Chancen habe.“ Am 30. Mai geht es gegen die Russin Maria Kirilenko um den Einzug ins Viertelfinale. Im Doppel verpasste Petkovic zuvor an der Seite von Julia Görges allerdings die Runde der letzten Acht. Gegen das russisch-australische Duo Nadja Petrowa/Anastasia Rodionova verloren die beiden derzeit besten Deutschen mit 3:6, 4:6.
1999 feierte Steffi Graf als bislang letzte Deutsche den großen Triumph auf der Roten Asche von Paris. Zwölf Jahre später macht sich Petkovic auf, zumindest einen Teil der riesengroßen Fußstapfen der „Gräfin“ auszufüllen. Grafs Trainer hieß damals Heinz Günthardt, in diesen Tagen ist der Schweizer in der französischen Hauptstadt als Berater von Petkovic tätig. Ein gutes Omen? „Wenn alles passt, kann sie auch mal ein Grand-Slam-Turnier gewinnen“, sagte Günthardt. Warum nicht schon in Paris? „Jetzt ist alles möglich“, sagte Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner.
Zum dritten Mal in Serie hat die Einser-Abiturientin bei einem Grand-Slam-Turnier die zweite Turnierwoche erreicht und zählt damit endgültig zum erweiterten Kreis der Weltspitze. Nach dem reihenweisen Favoritenscheitern, von dem in Caroline Wozniacki und Kim Clijsters erstmals in der Historie der French Open die beiden Topgesetzten betroffen waren, ist das Feld in Paris so offen wie noch nie.
Mittendrin im großen Kuddel-Muddel: Andrea Petkovic. „Ich denke, wir erleben gerade einen Generationswechsel“, sagte die Hessin, „die Top-Stars wie die Williams-Schwestern oder Kim Clijsters ziehen sich langsam zurück, viel junge Spielerinnen kommen nach, sind aber noch nicht konstant genug.“ Daher ist alles offen.
Nachdem im vergangenen Jahr die Italienerin Francesca Schiavone im Schatten des Eiffelturms sensationell triumphierte, sieht es beim zweiten Grand-Slam-Turnier des Jahres auch dieses Mal wieder nach einer Überraschung aus. Immer öfter fällt auch der Name Petkovic, wenn es um die Kandidaten für den Titel geht. „Echt? Das habe ich noch gar nicht mitbekommen“, meinte sie lächelnd.
Die Weltranglisten-Zwölfte versucht, den bereits wieder deutlich spürbaren Trubel um ihre Person nicht zu sehr an sich ranzulassen. Noch nach ihren Erfolgen zu Beginn des Jahres hatte Petkovic keinen Wunsch von Fans, Medien und Sponsoren ausschlagen können und bezahlte dies mit Rückschlägen bei den Masters-Events in Madrid und Rom. „Ich versuche immer, aus meinen Fehlern zu lernen und mache deshalb jetzt weniger. Auch wenn es mir manchmal schwerfällt“, sagte Petkovic.
Auch auf dem Court besticht die Darmstädterin mit neuer Konsequenz. Konzentriert, fokussiert und mit großem Glauben in die eigene Stärke bestach Petkovic beim 6:2, 4:6, 6:3 gegen Gajdosova. Seit dem Jahreswechsel habe sie das Gefühl, dass sie jede Gegnerin schlagen könne, erklärte Petkovic.
Zusammen mit den anderen jungen Wilden um die 21-Jährige Tschechin Petra Kvitova verfolgt sie das bunte Treiben in Paris mit großer Gelassenheit. „Bei den vergangenen Grand-Slam-Turnieren war der Trubel in der Umkleide noch größer, wenn eine Favoritin ausschied. Hier ist das nicht mehr so“, hat Petkovic beobachtet. Ihr Fokus liege stets nur auf dem nächsten Spiel. „Wenn du auch nur ein Prozent nachlässt, kann schnell alles vorbei sein.“ Wenn sie weiter so spielt, kann aber plötzlich auch alles möglich sein.