Rastloser Djokovic: Siegesparty über den Wolken
Melbourne (dpa) - Die Titelsause fiel in diesem Jahr kurz aus. Was nicht daran lag, dass Triumphe bei den Australian Open für Novak Djokovic inzwischen zur lästigen Routine geworden sind.
„Solche Siege sind immer etwas ganz Spezielles. Vor allem, wenn man damit auch noch Teil der Geschichte wird“, sagte der Serbe nach seinem dritten Melbourne-Erfolg in Serie. Doch der Tennis-Kalender kennt zu Beginn des Jahres keine Pausen, weshalb der Weltranglisten-Erste noch in der Nacht den Flieger gen Europa bestieg, wo er von diesem Freitag an bereits wieder mit dem serbischen Davis-Cup-Team im belgischen Charleroi antreten muss. „Das wird ein Spaß“, sagte Djokovic mit einem leicht gequälten Grinsen.
Die Party für den ersten Titel-Hattrick beim „Happy Slam“ Down Under seit Einführung des Profitennis 1968 wurde also kurzerhard über die Wolken verlegt. Zuvor gab es allerdings noch eine süße Entschuldigung bei der Weltpresse. Weil mit Djokovics rasanter Abreise auch das traditionelle Siegershooting am Tag danach ausfiel, verteilte der 25-Jährige Schokolade an die Journalisten. Dann raste Djokovic zum Flughafen, die Gewissheit im Gepäck, auch im neuen Jahr die unbestrittene Nummer eins der Welt zu sein.
Die Medien in seiner Heimat überschlugen sich mit Lobeshymnen. „Das ist Novak der Prächtige“, schrieb der „Informer“, „Djokovic ist der König von Melbourne“, berichtete „Novosti“, und „Blic“ nannte ihn sogar „Diktator Nole! Djokovic zerschmetterte mit seiner Psycho Murray“. Für den Gefeierten selbst war die Dienstreise nach Australien die ideale Einstimmung auf ein weiteres Marathon-Jahr. „Dieser Sieg wird mir sehr viel Selbstvertrauen für den Rest der Saison geben“, sagte Djokovic. Nach einem nicht immer ganz einfachen Jahr 2012, in dem er bei den Grand Slams bittere Niederlagen gegen Rafael Nadal (Paris), Roger Federer (Wimbledon) und Andy Murray (New York) einstecken musste, fand der Weltranglisten-Erste bei seinem Lieblings-Grand-Slam-Turnier den Weg zurück in die Siegerlisten.
Ein Schlüssel dafür: Djokovics unglaubliche Fitness. Viel wurde in den Tagen von Melbourne darüber diskutiert, auf welch hohem körperlichen Level sich der jetzt sechsmalige Grand-Slam-Champion bewegt und wie schnell er sich von harten Matches wie dem 3:40-Stunden-Fight beim 6:7 (2:7), 7:6 (7:3), 6:3, 6:2 gegen Murray erholt. Gerade in Zeiten, in denen in Lance Armstrong ein anderer Weltklassesportler endlich seine bekannten Doping-Praktiken offenbarte, wird auch einer wie Djokovic kritisch hinterfragt.
„Ich versuche alles, was erlaubt ist, um mich nach solchem Spielen so schnell wie möglich wieder zu regenerieren“, sagte Djokovic. Dass er nicht preisgeben wollte, wie genau er seinen durchtrainierten Körper wieder zur Kräften kommen lässt, hinterließ zumindest hier und da den einen oder anderen Zweifel.
In dieser lauen Melbourner Sommernacht waren diese Fragen allerdings ebenso vergessen, wie Djokovics Drang nach Regeneration. „Ich werde versuchen, diesen Moment mit den Menschen, die ich am meisten liebe, so gut es geht zu genießen“, kündigte der für seine wilden Siegerpartys bekannte Serbe ein feucht-fröhliches Fest in luftiger Höhe an.
Grund für eine kleine Party hatte auch Murray. Zwar verpasste es der Brite, als erster Spieler seinem Premierensieg bei einem Grand Slam unmittelbar einen weiteren folgen zu lassen. Doch der US-Open-Champion ist im Moment der Profi, der Djokovic am ehesten gefährden kann. „Die vergangenen Monate habe ich das beste Tennis meines Lebens gespielt“, sagte Murray nach der Niederlage gegen seinen nur eine Woche jüngeren Freund. „Ich denke, ich bin auf dem richtigen Weg.“