Rückkehrer Petzschner Davis-Cup-Held in Kroatien
Zagreb (dpa) - Die Kollegen erdrückten Philipp Petzschner fast, Teamchef Patrik Kühnen hüpfte wie ein Tennisball: Der Rückkehrer hat die deutsche Davis-Cup-Auswahl in Kroatien in einen Freudentaumel versetzt.
Mit dem Sieg im entscheidenden Einzel sorgte der Bayreuther für den schwer erkämpften 3:2-Erfolg in Zagreb und den Einzug ins Viertelfinale gegen Frankreich.
Nach dem 6:4, 7:6 (7:3), 7:6 (7:5) über Ivo Karlovic ließ sich Petzschner am Netz fallen, dann schloss ihn als Erster sein Doppelpartner Christopher Kas in die Arme. Nach dem ersten überschäumenden Jubel trug der Wimbledonsieger im Doppel mit bewegter Miene den neunjährigen Sohn seiner Frau über den Platz. Auf dem Gang in die Kabine hallten Jubelgesänge durch den Dom Sportova.
„Ich stufe das höher ein als einen Wimbledonsieg. Dass wir es so zu Ende bringen, ist Wahnsinn. Es ist geil, Davis Cup zu spielen“, sagte Petzschner und kündigte an: „Ich werde betrunken sein.“ Kühnen war voll des Lobes für den 26-Jährigen, der zuletzt 2008 dabei war und im Vorjahr zugunsten der Solokarriere abgesagt hatte. „Die Leistung war Weltklasse, vor allem vom Kopf her. Philipp hat ein Riesenmatch gespielt. Es ist ein fantastischer Sieg des Teams. Hier zu bestehen, war eine schwere Aufgabe“, sagte Kühnen.
Zuletzt hatte eine deutsche Mannschaft auswärts vor 15 Jahren in der Schweiz die erste Runde überstanden. Durch den insgesamt ersten Auswärtssieg seit dem Viertelfinale 2007 in Belgien entgeht das DTB-Team 2011 dem Abstiegskampf. Vom 8. bis 10. Juli gibt es nun - möglicherweise in Stuttgart - ein Heimspiel gegen Frankreich, das sich ersatzgeschwächt 3:2 in Österreich durchsetzte. „Frankreich ist eine Mannschaft, die in Bestbesetzung die Chance hat, um den Titel mitzuspielen“, sagte Kühnen. Vor einem Jahr gab es in Toulon in der ersten Runde ein 1:4 gegen den späteren Finalisten - ohne Petzschner.
Bereits im Doppel hatte er mit einer starken Leistung zusammen mit Kas für das 2:1 gesorgt. Das eingespielte Duo besiegte Ivan Dodig und Karlovic 6:3, 3:6, 5:7, 6:3, 6:4. Philipp Kohlschreiber verpasste es beim 2:6, 3:6, 6:7 (6:8) gegen Marin Cilic, das uneinholbare 3:1 zu erkämpfen. Das Gleiche war Petzschner 2007 bei seinem Debüt im verlorenen Halbfinale in Russland passiert. Kohlschreiber war nach seinem Viereinhalb-Stunden-Zittersieg über Dodig am Freitag müde und biss sich zu spät ins Match gegen Cilic.
Petzschner wusste schon seit Samstagabend, dass er den Vorzug vor Florian Mayer bekommen würde, der am Freitag nach seiner Niederlage gegen Cilic sehr geknickt gewirkt hatte. Petzschner rechtfertigte das Vertrauen, obwohl er gestand: „Ich habe wirklich gezweifelt, ob ich der richtige Mann bin, um bei 2:2 das letzte Einzel zu spielen.“
Kroatiens Kapitän Goran Prpic verzichtete auf Dodig, der schon mehr als acht Stunden im Einzel und Doppel in den Beinen hatte. 2,08-Meter-Riese Karlovic stellte dort mit 251 Stundenkilometern einen Aufschlag-Weltrekord auf, der angesichts des nicht immer zuverlässig scheinenden Messgerätes etwas zweifelhaft wirkte.
Petzschner hatte sich am Samstag immer besser auf den 32 Jahre alten Lokalmatador eingestellt, der meinte, niemand habe je so gut gegen ihn returniert. „Ich konnte plötzlich seinen Aufschlag lesen, das ist seit zehn Jahren nicht passiert“, meinte Petzschner. Er schaffte auch im Einzel mit einem Break einen optimalen Start gegen Karlovic, dem er bisher zweimal unterlegen war. Weder die Aufschläge noch die Atmosphäre hielten Petzschner auf: „Ich spiele lieber vor solchen Leuten, wo 800 gegen mich sind, als vor 27 in Freudenstadt.“