Stephens wirft Williams raus - Federer gegen Murray
Melbourne (dpa) - Nach der Tennis-Sensation gegen ihr großes Vorbild griff Sloane Stephens sofort wieder zum Handy. „Ich wollte gucken, ob meine Mutter mir eine Nachricht geschickt hat“, sagte die 19 Jahre alte Amerikanerin nach ihrem Sieg gegen Serena Williams im Viertelfinale der Australian Open.
Stephens ist die Twitter-Königin der Tennis-Tour, verbringt nahezu jede freie Minute im sozialen Netzwerk. Fast so sehr wie ihr völlig unerwartetes 3:6, 7:5, 6:4 gegen die große Turnierfavoritin freute sich das US-Küken daher über ein anderes Ergebnis. „Vor dem Spiel hatte ich 17 000 Follower, jetzt sind es 35 000.“ Bis kurz vor Mitternacht (Ortszeit) war die Fangemeinde sogar auf über 42 000 angewachsen.
Auch Deutschlands Basketball-Superstar Dirk Nowitzki nutzte den Kurznachrichtendienst, um zum Halbfinal-Einzug zu gratulieren. „Wow. Was für ein Sieg für Sloane. Eine tolle Defensive. Sie hat jeden Ball zurückgebracht“, twitterte Nowitzki aus dem fernen Dallas. Stephens, großer Basketball-Fan, verschlug es da fast die Sprache. „Dirk hat mir getwittert. Ich bin so aufgeregt“, erzählte die Amerikanerin.
Via Twitter meldete sich auch Basketball-Ikone Shaquille O'Neal zu Wort. „Wenn du eine Legende schlägst, wirst du selbst eine Legende.“ Unabhängig davon, wie das Halbfinale gegen Titelverteidigerin Victoria Asarenka an diesem Donnerstag ausgeht - das US-Tennis scheint in Stephens in der Tat wieder einen Siegertyp für die Zeit nach der Williams-Ära zu haben.
Bei den Herren festigte Roger Federer einmal mehr seinen Legenden-Status. Der 17-malige Grand-Slam-Turnier-Sieger rang den Franzosen Jo-Wilfried Tsonga in 3:34 Stunden mit 7:6 (7:4), 4:6, 7:6 (7:4), 3:6, 6:3 nieder. „Ich liebe diese Fünf-Satz-Thriller in der Night-Session“, sagte Federer.
Im Halbfinale trifft der Schweizer nun auf den Briten Andy Murray. Der US-Open-Champion hatte beim 6:4, 6:1, 6:2 gegen den Franzosen Jeremy Chardy keine Mühe und ist als einziger Spieler noch ohne Satzverlust. Das zweite Final-Ticket machen am Donnerstag Titelverteidiger Novak Djokovic und der Spanier David Ferrer unter sich aus.
Stephens glänzte auch in der Pressekonferenz wieder mit einem lustigen und erfrischenden Auftritt. Ganz in rosa gekleidet plauderte Stephens munter drauf los, berichtete vom Telefonat mit ihrem Bruder und den Großeltern. Unmittelbar nach dem bislang größten Erfolg ihrer Karriere war aber selbst die sympathische Quasselstrippe aus Coral Springs in Florida kurzzeitig sprachlos. „Oh mein Gott! Ich habe keine Ahnung, was ich sagen soll“, gestand Stephens im Interview auf dem Platz. Der große Rod Laver, elfmaliger Grand-Slam-Turnier-Sieger und Namensgeber der Arena im Melbourne & Olympic Parks, applaudierte gerührt.
Die gestürzte Williams zeigte sich derweil beinahe froh, dass das Seuchen-Turnier für sie beendet war. „Das waren die schlimmsten zwei Wochen meines Lebens. Ich bin fast erleichtert, dass es vorbei ist“, sagte die 31-Jährige nach der Pleite gegen ihre zwölf Jahre jüngere potenzielle Nachfolgerin. Die 15-malige Grand-Slam-Turnier-Gewinnerin plagte sich seit der ersten Runde mit einer Knöchelverletzung herum, gegen Stephens kam dann auch noch eine Rückenblessur hinzu.
Beim Stand von 4:5 im zweiten Satz aus ihrer Sicht musste Williams zur Behandlung sogar den Platz verlassen und konnte danach nicht mehr mit voller Kraft aufschlagen. Stephens schnappte sich wenig später den zweiten Abschnitt, nachdem sie den ersten trotz couragierter Leistung mit 3:6 abgegeben hatte. Mit ihrem mutigen Spiel trieb sie Williams fast zur Weißglut, beim Stand von 1:2 zertrümmerte die US-Diva frustriert ihren Schläger.
Stephens, die nach den US Open im vergangenen Jahr wegen einer komplizierten Bauchverletzung kein Spiel mehr bestritten hatte, steckte auch im entscheidenden Durchgang ein Break zum 3:4 weg. Prompt nahm sie Williams ebenfalls das Service ab und warf ihr großes Idol in 2:17 Stunden aus dem Turnier. „Ich glaube, jetzt hänge ich ein Poster von mir selbst in meinem Zimmer auf“, sagte Stephens keck. Als sie klein war, zierten Fotos von Serena Williams ihre Wand.