Tommy Haas auf Karrierezielgerade
München (dpa) - Ein detailliertes medizinisches Bulletin ersparte sich Tommy Haas - allzu optimistisch klang der Tennis-Routinier vor seinem Start beim Münchner ATP-Turnier aber nicht.
„Mehr als das Beste versuchen kann ich eh nicht“, sagte der 36-Jährige am Beginn der Woche in der bayerischen Landeshauptstadt. Als Vorjahressieger war Haas zu den BMW Open angereist, „da nimmt man sich einiges vor“. Aber längst schon spielt in Haas' Turnier- und Zukunftsplanungen ein Gedanke mehr als nur die Nebenrolle: das anstehende Karriereende.
Die schon dreimal operierte rechte Schulter zwickt mal wieder bei der ehemaligen Nummer zwei der Welt. Ein kleiner Riss in der Sehne zwang Haas zuletzt zu einer mehrwöchigen Pause, als „tickende Zeitbombe“ beschrieb der Wahl-Amerikaner jüngst das malade Gelenk. Ausgerechnet in München solle diese nun nicht hochgehen. Er hoffe, sein Einsatz bei dem Sandplatz-Event sei nicht gefährdet, sagte Haas.
Mit einem Freilos gestartet greift der Weltranglisten-16. erst unter der Woche in das Turniergeschehen am Aumeisterweg ein. Ob er dann in der Lage sein wird, wieder um die gut 77 000 Euro Preisgeld und ein neues Cabrio mitzuspielen, weiß der smarte Athlet nicht. Auch was in diesem Jahr überhaupt noch kommt, stehe in den Sternen. Langfristig sind seine Planungen längst nicht mehr angelegt.
Geld und Titel scheinen für den Familienvater keine Priorität mehr zu haben - jetzt steht eher die Gesundheit im Fokus. Ein Risiko wird er in seinem womöglich letzten Jahr auf der Tour nicht mehr eingehen. „Ich habe in Australien zuletzt schon mit Boris Becker darüber gesprochen“, berichtete Haas - der frühere deutsche Superstar bezahlte seine Ausnahmekarriere mit chronischen Hüftbeschwerden.
Soweit soll es für den in Kalifornien lebenden Haas nicht kommen: motiviert ja, verbissen nein. Dabei sind aber Umsicht und Disziplin gefragt, denn die Folgen einer unüberlegten Aktion merke der Körper immer erst mit Verzögerung. „Wenn man ein Match spielt, ist man immer mit Siegeswille und Adrenalin dabei“, erzählte er - die wirklich üblen Schmerzen treten dann immer erst am Tag danach auf.
Aber wie gesagt, für Haas sind inzwischen andere Dinge wichtig. Er grübelt über Reformen wie etwa eine sogenannte „shotclock“ für die Zeit zwischen den Ballwechseln oder die Zukunft der Sportart in Deutschland und die Spitze im Verband. An ein persönliches Engagement beim Deutschen Tennis Bund denkt er nicht - er hat ja noch Familie. Am Dienstag flogen seine Lebensgefährtin und seine dreijährige Tochter in München ein. „Ich versuche es zu genießen“, sagte Haas.