Tränen bis 5 Uhr: Wimbledon-Siegerin Bartoli hört auf

Cincinnati (dpa) - Die Tränen waren selbst um 5 Uhr morgens noch nicht getrocknet. „Ich konnte noch nicht schlafen, ich habe all eure Nachrichten gelesen und Tränen in den Augen. Danke euch allen für eure Liebe“, twitterte Marion Bartoli.

Einige Stunden zuvor hatte die französische Wimbledon-Siegerin in Cincinnati dem Tennissport völlig überraschend Adieu gesagt. 39 Tage nach dem größten Erfolg ihrer Karriere mit dem Triumph auf dem Heiligen Rasen von Wimbledon, als sie die Berlinerin Sabine Lisicki 6:1, 6:4 bezwungen hatte. „Viele Erinnerungen werden bleiben :-) Dicke Umarmung“, schrieb die am 6. Juli unterlegene Deutsche via Twitter an Bartoli.

Unmittelbar nach ihrer 6:3, 4:6, 1:6-Niederlage gegen die Rumänin Simona Halep gab die 28 Jahre alte Lisicki-Bezwingerin ihren sofortigen Abschied bekannt: „Das war das letzte Match meiner Karriere, sorry.“ Ihr Körper schaffe es einfach nicht mehr, meinte Bartoli und schämte sich ihrer Tränen nicht: „Es ist Zeit für mich zurückzutreten.“

Eine Nachricht, die die Tennisszene gleichermaßen überraschte wie verblüffte. „Verrückt, wachzuwerden und zu hören, dass @bartoli_marion zurücktritt. Aber ich verstehe ihre Gefühle“, twitterte die einstige Weltranglistenerste Kim Clijsters. Die Belgierin gratulierte Bartoli zu einer „großartigen Karriere“.

Eine Karriere, die sie mit dem Titel bei dem Rasenklassiker in London krönte. Insgesamt gewann Bartoli acht WTA-Turniere, weitere elfmal stand sie im Finale. Sie kassierte mehr als elf Millionen US-Dollar Preisgeld, seitdem die Rechtshänderin 2000 in den Profizirkus aufgestiegen war.

Nach ihrem Finalsieg in Wimbledon gegen Lisicki hatte sich sogar Frankreichs Staatspräsident François Hollande vor ihr verneigt. Er hob hervor, dass sich Bartoli „gegen alle Favoritinnen dank ihres Kampfgeistes und ihres Mutes durchgesetzt“ habe. Die Sportzeitung „L'Équipe“ widmete der „Prinzessin“ die Seite eins und schwärmte von einem „der größten Wunder der Sportgeschichte“.

„Ich habe mir meinen Traum erfüllt und das wird mir ewig bleiben“, sagte Bartoli nun bei ihrer emotionalen Abschiedsrede in Cincinnati. Sie habe alles in Wimbledon gegeben. Sie habe aber nach 45 Minuten oder einer Stunde im Spiel überall Schmerzen. Vor allem ihre Achillessehnen würden wehtun, ihre Schultern, die Hüfte und der untere Rücken.

In der vergangenen Woche beim Turnier in Toronto hatte sie zudem wegen Bauchbeschwerden ihr Achtelfinalmatch vorzeitig beenden müssen. Auch nach dem - gewonnenen - ersten Satz gegen Halep habe ihr gesamter Körper geschmerzt. Die beiden Sätze danach und damit die letzte Partie ihrer 13-jährigen Profikarriere verlor sie. „Vor dem Spiel weißt du nie, ob es dein letztes ist“, sagte Bartoli, „aber nach dem Spiel habe ich so gefühlt“.

Es sei eine schwere Entscheidung gewesen, gab die so unorthodox spielende Bartoli mit der beidhändigen Vor- und Rückhand zu. Durch ihren Wimbledonsieg schaffte sie es in der Weltrangliste bis auf Rang sieben. Wie es nun weitergeht, weiß sie nicht.

„Darüber habe ich nicht soviel nachgedacht“, sagte Bartoli. „Es gibt so viele Dinge, die man im Leben tun kann außer Tennis spielen. Ich bin sicher, ich finde etwas.“ Es gebe soviel Aufregendes, für eine Frau, für eine Mutter, meinte sie.