Trotz Lehrstunde: Bei Mayer „überwiegt die Freude“
Halle/Westfalen (dpa) - Florian Mayer hakte die Niederlage gegen Roger Federer einfach ab. Am Ende eines verregneten und sportlich verhagelten Arbeitstages hatte er seinen Humor schnell wiedergefunden.
Auf die Frage, ob er denn bei seinem Wimbledon-Comeback lieber auf einem der großen Courts oder auf einem der beschaulichen Außenplätze antreten wolle, antwortete der 31 Jahre alte Tennisprofi schmunzelnd: „Natürlich lieber auf einem kleinen. Denn das bedeutet, dass ich gegen keinen der Großen spielen muss.“
Gegen den wohl Größten überhaupt auf Rasen hatte er zuvor im Viertelfinale von Halle eine 0:6, 6:7 (1:7)-Klatsche kassiert. Und doch zählt Mayer trotz der Lehrstunde vom siebenmaligen Champion Roger Federer zu den wenigen deutschen Gewinnern der Turnierwoche.
„Das Wichtigste ist, dass Florian nach seiner Verletzung wieder auf der Tour ist und immer besser in Fahrt kommt“, sagte Federer am Freitagabend. Erstmals seit Januar 2014 schafft es der stille Bayer wieder bei einem ATP-Turnier in die Runde der besten Acht. Erstmals seit seinem Comeback im April nach mehr als einjähriger Verletzungspause gewann er mehr als ein Spiel bei einem Turnier. Und schließlich war er der einzige Deutsche im Viertelfinale von Halle.
„Die Freude überwiegt ganz klar. Es ist ein einfach ein geiles Gefühl, wieder auf dem Platz zu stehen“, sagte Mayer für seine Verhältnisse fast schon euphorisch. Dass es gegen sein Idol nicht für die insgeheim ersehnte Überraschung reichte, lag zum einen an Mayers Nervosität, zum anderen an Federers dominantem Auftreten.
„Es ist einfach etwas anderes, ob Roger Federer da drüben steht oder die Nummer 100 oder 200 der Welt bei einem Challenger-Turnier“, sagte Mayer. Beim Betreten des überfüllten und stickigen Presseraumes hatte er noch missmutig geschaut, weil der Turnierveranstalter offenbar wichtige und gut gekleidete Menschen, Sponsoren oder andere Freunde des Rasentennis zur Pressekonferenz zugelassen hatte.
Und ein Freund des öffentlichen Auftritts wird Mayer auch im fortgeschrittenen Tennis-Alter nicht mehr. Aber der Profi mit der „fast buddhahaften Aura“, wie es die „Süddeutsche Zeitung“ formulierte, wirkt nach seiner Pause wegen einer Schambeinverletzung und eines Leistenbruchs noch tiefenentspannter als jemals zuvor.
Regelmäßig sah man den zweimaligen Wimbledon-Viertelfinalisten unter der Woche im obersten und hintersten Teil der Tribüne sitzen. Auch das Match von Tommy Haas schaute sich Mayer am Dienstag im Stadion an. Der 37-Jährige hat eine ähnlich lange Leidenszeit hinter sich - und verlor in der ersten Runde gegen den Südtiroler Andreas Seppi.
Und während Haas eher zweifelnd über seine Teilnahme am Grand-Slam-Klassiker in Wimbledon sprach, sagte Mayer entschlossen: „Ich fahre jetzt zurück nach München, trainiere dort drei, vier Tage, fliege am Freitag nach London und hoffe dann auf eine gute Auslosung. Ich weiß, dass ich auf Rasen sehr, sehr viele schlagen kann.“