Zoff im deutschen Davis-Cup-Team eskaliert
Frankfurt/Main (dpa) - Von wegen Versöhnungstag: Der Zoff im deutschen Davis-Cup-Team eskaliert und kann nicht mehr ohne personelle Konsequenzen bleiben. Bundestrainer Carsten Arriens und der zweitbeste deutsche Tennisprofi Philipp Kohlschreiber bezichtigen sich gegenseitig der Lüge.
„Unsäglich“ und „bodenlos“ nannte der Teamchef Aussagen des 30 Jahre alten Augsburgers zu seiner War-doch-alles-nicht-so-gemeint-Absage für den Tennis-Tag und zu dessen Nicht-Nominierung für das Viertelfinale gegen Frankreich. Die Szenerie im Sport- und Freizeitzentrum Frankfurt-Kalbach war so bizarr, dass Unbeteiligte das Gesagte und Geschehene kaum glauben würden.
Da stand Kohlschreiber in seinem roten T-Shirt am Rande des eigens in der Leichtathletikhalle errichteten Hartplatzes und warf Arriens vor, die Unwahrheit zu sagen. „Es war nie von einer Absage die Rede“, sagte er und hielt auch auf mehrmaliges Nachfragen an seiner Darstellung fest. Er habe am vergangenen Montag Arriens am Telefon zugesichert, zum Wiedergutmachungstag für den Eklat vom Erstrunden-Spiel gegen Spanien anreisen zu wollen. „Ich bin unschuldig und wieder einmal der Buhmann“, sagte Kohlschreiber und räsonierte, dass „jeder nur seinen eigenen Kopf retten will“.
Dem Deutschen Tennis Bund (DTB) warf er vor, „nicht so optimal“ kommuniziert zu haben. Arriens stand keine fünf Meter entfernt und stimmte Tobias Kamke & Co. auf den Showkampf ein. „Das ist unsäglich, so etwas zu sagen“, erklärte der Bundestrainer und nannte Kohlschreibers Aussagen „bodenlos“. In dem Telefonat habe der Augsburger ihm abgesagt, versicherte der Teamchef. Zudem habe dessen Management am Dienstagabend eine schriftliche Absage geschickt.
Die Zuschauer mögen also mit dem gut gemeinten und nett organisierten Tennis-Tag ein wenig versöhnt worden sein für die Ereignisse Anfang Februar, als sich Kohlschreiber, Tommy Haas und Florian Mayer am Abschlusstag verletzt abmeldeten und für einen Eklat sorgten.
Für den DTB und sein Davis-Cup-Team aber können die Vorkommnisse nicht ohne Folgen bleiben. Der stets um Versöhnung und Ausgleich bemühte Arriens versicherte zwar, „jetzt erst einmal alles sacken zu lassen“ und noch einmal das Gespräch mit Kohlschreiber zu suchen. Er wolle sehen, wie dieser sich „äußert und präsentiert im persönlichen Gespräch“. Mit ruhiger Stimme versicherte Arriens: „Wenn er sich da entsprechend verhält, können wir nochmal über alles sprechen.“
Doch wenn der Bundestrainer konsequent den Weg des Neuanfangs gehen und vor allem glaubwürdig bleiben will, kann es nur eine Konsequenz geben: Für Kohlschreiber ist kein Platz mehr im deutschen Team. „Ich finde den Kinderkram unmöglich“, kommentierte DTB-Präsident Karl-Georg Altenburg die Geschehnisse in seinem Verband und stellte unmissverständlich klar: „Der Trainer hat das Vertrauen von mir und dem gesamten Präsidium und damit auch für seine Entscheidungen.“
Offiziell fehlt Kohlschreiber beim Viertelfinale am kommenden Wochenende in Nancy wegen einer Ellenbogenverletzung. Da auch Haas und Mayer passen müssen, wird das deutsche Team mit Tobias Kamke (Lübeck/Weltranglisten-92.) und den Debütanten Jan-Lennard Struff (Warstein/104.), Peter Gojowczyk (München/111.) und Doppel-Spezialist André Begemann (Frankfurt/Main) die starken Franzosen herausfordern. „Der Fokus liegt auf Nancy“, sagte Arriens und fügte vieldeutig an: „Ich mache mir jetzt über mein Team Gedanken und nicht über Philipp.“