Unschuldig gefangen im Wettskandal
Der ehemalige Uerdinger Fußballer Thomas Reichenberger galt als Beteiligter. Nach mehr als einem Jahr ist er nun entlastet.
Bochum. Irgendwann am 17. Verhandlungstag des Prozesses um den Fußball-Wettskandal in Bochum fiel das Wort „Kollateralschaden“. Gemeint sind damit in der Militärsprache angeblich unvermeidliche Schäden oder Opfer, die bei einem als notwendig erachteten Angriff in der unbeteiligten Nachbarschaft des eigentlichen Ziels entstehen. Der ehemalige Fußballprofi Thomas Reichenberger mag das Wort überhaupt nicht.
Am 19. November 2009 saß Reichenberger, der einst für den KFC Uerdingen und danach beim Zweitligisten VfL Osnabrück spielte, in seinem Fernsehsessel, als ihn sein Verein darüber informierte, dass sein Name im Zusammenhang mit einem Manipulationsverdacht auftauche. Am Abend des nächsten Tages jagten ihn die Medien als Verdächtigen durch den Blätterwald.
Einen Tag später trat Reichenberger zum Meisterschaftsspiel in der 3. Liga vor die Ostkurve in der Osnatel-Arena. Der sonst als Sonnyboy bekannte Stürmer war blass, als er mit zittriger Stimme vor 5.000 lila-weißen Fans seine Unschuld beteuerte. Es gab Applaus und Sprechchöre. Über damals mag er nicht sprechen. Es war der Beginn einer langen Zeit des Verdachts.
Reichenberger nahm sich einen Anwalt, Reichenberger sagte aus eigenem Antrieb bei den Ermittlungsbehörden aus, er bot dem DFB-Kontrollausschuss seine Zusammenarbeit an. Auf dem Fußballer, der seit dem Ende seiner Profilaufbahn in der Marketing-Abteilung des VfL arbeitet und für die U 23 in der Oberliga spielt, lagen Schatten des Zweifels.
Bis jetzt der 49-jährige Kriminalhauptkommissar Thomas Lücke in den Zeugenstand trat. Der Verfahrensleiter der Sonderkommission „Flankengott“ sprach von 340 Tatverdächtigen — einer davon sei Reichenberger gewesen. Wahrscheinlich fiel dessen Name, weil er gelegentlich auf Fußballspiele wettete. Der Ermittler nannte Reichenberger als Beispiel für jene, die durch die Erwähnung in abgehörten Telefonaten der Haupttatverdächtigen genannt wurden.
„Irgendwann haben wir festgestellt, dass er nichts damit zu tun hat“, sagte Lücke. „Mit einem Verfahrensabschluss ist in den nächsten Tagen zu rechnen“, sagt Staatsanwalt Andreas Bachmann. „Erst, wenn das passiert ist, bin ich wirklich zufrieden“, sagte Reichenberger am Freitag.
Es gibt weitere Fälle: DFB-Präsident Theo Zwanziger entschuldigte sich am 25. Januar 2011, als er die Schiedsrichter-Vereinigung im Fußballkreis Olpe besuchte, bei Schiedsrichter-Talent Thorben Siewer.
Durch eine Verwechslung von zwei Spielen bei der Auswertung der Telefon-Überwachung war der 23-Jährige 2009 im Raster der Fahnder hängen geblieben, der DFB verhängte eine Schutzsperre, und der junge Mann stand im medialen Sperrfeuer. „Thorben, es tut mir leid, dass wir dir das antun mussten — aber wir hatten keine andere Wahl“, sagte Zwanziger.