Van Gaal geht — kommt Heynckes?
Der FC Bayern trennt sich im Sommer vom Niederländer. Dann könnte der Leverkusener Coach kommen.
München/Düsseldorf. Louis van Gaal darf Trainer beim FC Bayern München bleiben — spätestens aber am Saisonende wird der 59-Jährige seinen Stuhl räumen müssen. Der Rekordmeister spielt im Kampf um einen Champions-League-Platz hohes Risiko: Die Bosse um Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge entschieden sich trotz einer dramatischen Talfahrt in der Bundesliga gegen einen sofortigen Rauswurf, die vorzeitige Trennung folgt erst am Saisonende.
Dann wird der Vertrag, den die Bayern noch im Herbst bis 2012 verlängert hatten, vorzeitig aufgelöst — und van Gaal mit einer Abfindung in die Wüste geschickt.
„Alle Beteiligten sind sich einig darüber, dass in der derzeit schwierigen Situation gemeinsam sämtliche Kräfte eingesetzt werden, um die sportlichen Mindestziele dieser Saison noch zu erreichen“, heißt es in einer vom Vorstand und dem Trainer unterzeichneten Presseerklärung. Grund für die Auflösung des Vertrages sei „die unterschiedliche Auffassung über die strategische Ausrichtung des Klubs“.
Nachfragen ließ Rummenigge gestern nicht zu. Das Motto des Vereins: Augen zu und durch. Der Trainer steht nun vor der Aufgabe, ohne überzeugenden Rückhalt der Führung noch die Champions-League-Qualifikation zu schaffen.
Der Druck auf alle Beteiligten ist gewaltig: Am Samstag muss im Heimspiel gegen den Hamburger SV ein Befreiungsschlag in der Liga gelingen, um drei Tage später mit neuem Selbstvertrauen ins Achtelfinal-Rückspiel gegen Inter Mailand gehen zu können; die Champions League ist Bayerns letzte Titelchance.
Das bayrische Beben drang am Rosenmontag bis nach Leverkusen. Weil sich die Eindrücke mehren, dass Jupp Heynckes nicht nur Vorgänger von van Gaal ist, sondern in diesem Sommer auch Nachfolger des eigenwilligen Niederländers sein könnte. Neben dem türkischen Nationaltrainer Guus Hiddink und DFB-Sportdirektor Matthias Sammer gilt Heynckes als Top-Kandidat.
Es wäre seine dritte Amtszeit in München. Eine Baustelle, die in Leverkusen niemand haben will — die Heynckes aber selbst durch seine bis heute kaum erklärbare Hinhalte-Taktik in Sachen Vertragsverlängerung erst möglich gemacht hat.
In Leverkusen kommentiert man die Ereignisse aus dem Süden widerwillig. Das jüngste Editorial im Bayer-Stadion-Magazin sei eine „Liebeserklärung von Wolfgang Holzhäuser an Jupp Heynckes“, sagte Meinolf Sprink, Kommunikationschef von Bayer 04 Leverkusen, am Montag.
„Bei uns gibt es jedenfalls niemanden, der sich seinen weiteren Verbleib nicht wünscht“ hatte Geschäftsführer Holzhäuser geschrieben, aber auch festgestellt: „Wir warten (leider) noch immer auf seine Zusage.“ Leverkusen baggert, prallt bislang aber gegen eine Wand. Im März wollte Heynckes eine Entscheidung treffen.
Berücksichtigt man das vertrauliche Verhältnis von Präsident Uli Hoeneß mit Heynckes, der dem FC Bayern 2009 nach dem Klinsmann-Desaster die Qualifikation für die Champions League gerettet hatte, erhärtet sich diese Option.
Heynckes würde auch jene menschlichen Charakter-Eigenschaften mitbringen, die Hoeneß am selbstherrlichen van Gaal so sehr vermisst. Das Muster würde sich wiederholen: Schon auf den knochentrockenen und ungeliebten Magath hatten die Bayern für eine zweite Amtszeit den stilvollen Hitzfeld zurückgeholt. So oder so: Die Dynamik dieser Diskussion wird alle überrollen — und Heynckes wird sich äußern müssen.