Vettel ist der lachende Dritte
Der deutsche Melbourne-Sieger profitiert beim Saisonstart der Formel 1 von einem Rechenfehler der Mercedes-Crew.
Melbourne. Sebastian Vettel grinste noch lange nach dem Adrenalin-Kick im Albert Park. Er genoss die Ovationen auf der einhändigen Fahrt zur Siegerehrung und ließ sich auf dem Podium von seiner glückseligen Crew bejubeln. Im ersten Duell der viermaligen Formel-1-Weltmeister mit Lewis Hamilton gelang Vettel beim Großen Preis von Australien dank einer Fügung ein perfekter Start. „Wir hatten natürlich Glück mit dem Safety Car. Das war unser Schlüssel für den Sieg“, sagte Vettel.
Er machte keinen Hehl daraus, dass ihm der Erfolg ohne das sogenannte virtuelle Safety Car (VCS) wohl kaum gelungen wäre. Das VCS ist eine Sicherheitsmaßnahme, die die Formel 1 nach dem tödlichen Unfall von Jules Bianchi 2014 eingeführt hat. Wird es aktiviert, dürfen die Fahrer in den Sektoren vorgeschriebene Zeiten nicht unterschreiten. Die Fahrer bekommen diese Zeiten auf ihrem Lenkrad angezeigt.
„Man hat gesehen, dass Lewis der schnellste Mann draußen war“, konstatierte Vettel, der seinem Boliden in diesem Jahr den Namen Loria gegeben hatte. Hamilton, der mit mehr als sechs Zehntelsekunden Vorsprung auf den späteren Renndritten Kimi Räikkönen die Pole geholt hatte, wurde mit seinem Silberpfeil gestern von einem Software-Problem gebremst. „Ich verstehe es immer noch nicht“, sagte er auch anderthalb Stunden nach dem Rennende im Motorhome von Mercedes. „Wenn du von so vielen Computern und Technologie abhängig bist, ist das schon hart. Ich wünschte mir, es wäre mehr in den Händen der Fahrer.“
Sebastian Vettel
Entscheidend war der Moment, als der Haas-Wagen von Romain Grosjean nach 24 Runden wegen eines losen Rades stehenbleiben musste. Daraufhin wurde die virtuelle Safety-Car-Phase ausgerufen. Ferrari hatte zuvor Räikkönen als ersten der Top-Fahrer zum Reifenwechsel gerufen, Hamilton war eine Runde später an die Box gekommen, Vettel draußen geblieben.
Der Hesse wusste, dass er unter normalen Umständen bei seiner 200. Grand-Prix-Teilnahme weder an den auf Platz zwei liegenden Räikkönen, geschweige an Hamilton herankommen würde. „Ich war keine Bedrohung für Kimi und keine Bedrohung für Lewis“, sagte Vettel. Es gab nur eine Chance. „Ich habe gebetet, dass einer stoppt und das Safety Car kommt“, gab er zu. „Als ich gesehen habe, dass da ein Wagen steht, war ich voller Adrenalin.“
Die Programme der Silberpfeile hatten errechnet, dass es gut ausgehen sollte für Hamilton bei einem Polster von 15 Sekunden. „Wir haben den Vorsprung nach dem Boxenstopp von Lewis so gemanagt, dass es auch unter diesen Bedingungen reichen würde, genau eine solche Situation haben wir in Betracht gezogen“, erklärte Teamchef Toto Wolff.
Die Rechnung ging aber nicht auf. Zehn Sekunden waren das Zeitfenster. Hamilton, der zum siebten Mal von Startplatz eins in Melbourne gestartet war, war plötzlich nur noch Zweiter. „Ist das mein Fehler?“, funkte der 32 Jahre alte Brite an die Box. „Lewis, wir dachten, wir wären sicher, aber ist offensichtlich etwas schief gegangen“, lautete die Antwort vom Kommandostand. Teamkollege Valtteri Bottas wurde nach seinem Quali-Unfall und Startplatz 15 wegen eines Getriebewechsels nur Achter, einen Rang hinter dem deutschen Renault-Piloten Nico Hülkenberg.
Meisterschaftsmitfavorit Max Verstappen war im Red Bull von Rang vier gestartet, nach einem Dreher aber ebenfalls ohne Aussichten auf die Topränge. Dennoch profitierte auch der 20 Jahre alte Niederländer vom Doppel-Aus der Haas-Autos und wurde noch Sechster. Zwei Runden vor Grosjean hatte bereits Haas-Teamkollege Kevin Magnussen auf Rang vier liegend aufhören müssen. Die unsicher montierten Räder bescherten dem US-Team, das sich anschickt, hinter den Top-Teams das Mittelfeld neu zu ordnen, jeweils 5000 Euro Strafe.