„Wieder von vorne los“: Thiele ohne Druck zur Judo-WM

Leipzig (dpa) - Ihr größter sportlicher Erfolg ist für Silber-Frau Kerstin Thiele längst Vergangenheit. „Olympia ist ein Kapitel, das abgeschlossen ist. Jetzt geht es wieder von vorne los“, sagt die Athletin des Deutschen Judo-Bundes (DJB) mit Blick auf die WM in Rio de Janeiro.

Doch dass die 26-Jährige dort überhaupt startet, war nach einer wieder einmal schwierigen Saison für die Leipzigerin bis zuletzt ungewiss. Doch Thiele kämpfte sich zurück und darf nun beim Saisonhöhepunkt doch noch auf die Tatami-Matte.

„Ich bin glücklich, nach langer Verletzungspause nominiert zu sein!!!“, gab Thiele bei Facebook ihrer Erleichterung gleich mit drei Ausrufezeichen Ausdruck. Tatsächlich hatte nach der monatelangen Zwangspause der Mattenkämpferin wegen einer Oberkörperprellung wohl kaum noch jemand im deutschen Judo-Lager an einen WM-Start gedacht. Doch Thiele gab sich nicht auf, feierte vor wenigen Wochen mit ihrem Sieg beim Europacup in Sindelfingen ein starkes Comeback - und ist nun mittendrin im WM-Team.

Thiele kennt sich eben aus mit tiefen Tälern. 2011, ein Jahr vor London, stand sie vor dem Olympia-Aus. Erst eine Daumenverletzung, dann im Endspurt auf die WM 2011 eine Knieverletzung - plötzlich war das Olympia-Ticket so gut wie weg. Doch Thiele erhielt doch noch den Zuschlag. „Als ich gefragt wurde, wer eine Medaille holt, habe ich sie genannt“, sagte Frauen-Bundestrainer Michael Bazynski. Der Mann sollte Recht behalten, und Thiele staunte nach ihrem Silber-Coup von London: „An Tagen wie diesen wünscht man sich Unendlichkeit.“

Nun ist Thiele wieder zurück, gibt sich aber angesichts ihrer neuen Gewichtsklasse bis 78 Kilogramm für die WM in Rio bescheiden. „Ich war lange verletzt. Ich weiß nicht genau, was mich da erwartet. Ich muss mich in meiner neuen Gewichtsklasse erst einmal etablieren.“

Rantasten, Ausprobieren - Thiele macht sich mit Blick auf ihren WM-Start in der neuen Gewichtsklasse noch keinen großen Druck. „Nächstes Jahr möchte ich dann aber wirklich um Medaillen kämpfen.“ Doch auch diesmal fährt Kämpferin Thiele natürlich nicht als Touristin zu den Welttitelkämpfen, wie sie indirekt auch zugibt: „Losglück würde ich mir schon wünschen.“ Vielleicht darf sie ja auch endlich mal bei einer WM jubeln.