Gössners Kampf um Olympia-Start: „Kein leichter Weg“
Berlin (dpa) - Beim Biathlon-Weltcup in Oberhof will Miriam Gössner wieder angreifen. Die 23-Jährige sucht nach einem schweren Fahrradunfall im Mai die Form und kämpft noch um die Olympia-Norm.
„Die Ärzte haben mir gesagt, dass ich mit den Schmerzen wohl noch eine Weile leben muss“, sagt Gössner. „Wenn ich gewartet hätte, bis ich komplett schmerzfrei bin, wäre meine sportliche Karriere vielleicht schon vorbei gewesen. Medizinisch gesehen, hat nichts dagegen gesprochen, wieder ins Training einzusteigen und Rennen zu absolvieren.“
Wie geht es Ihnen?
Gössner: Grundsätzlich ganz gut, danke. Ich habe mir zwar vor ein paar Tagen eine Erkältung eingefangen, aber die ist schon wieder am Abklingen. Und natürlich sind nach meinem Unfall im Sommer auch die Schmerzen da, aber daran musste ich mich in den vergangenen Monaten leider gewöhnen. Die ersten Weltcup-Wochen waren einfach ziemlich anstrengend.
Sie waren bei den ersten Rennen zwar mit dabei, aber doch weit weg von der Spitze. Mit Rang 48 im Östersund-Sprint sowie den Plätzen 47 und 58 im Sprint und in der Verfolgung von Hochfilzen können Sie nicht zufrieden sein. Dazu kommt die Abreise vom letzten Weltcup aus Annecy wegen der Schmerzen - wie bewerten Sie Ihren Saison-Auftakt?
Gössner: Wenn man die Umstände bedenkt und die Prognosen der Ärzte, dann war der Dezember viel besser als ich erwarten konnte. Den Trainern und mir war immer klar, dass es auch Rückschläge geben wird. Davon lasse ich mich aber nicht entmutigen. Ich bin froh, dass es mir wieder einigermaßen gut geht und ich überhaupt noch Leistungssport auf dem Niveau betreiben kann.
Läuferisch waren Sie stark, beste Deutsche. Das Schießen war problematisch. Behindern Sie die Schmerzen besonders beim Schießen oder macht sich einfach noch der Trainingsrückstand bemerkbar?
Gössner: Die Schmerzen sind natürlich nicht gerade förderlich. Mir fehlen aber auch einfach einige Monate Training. Das summiert sich auch am Schießstand.
Im neuen Jahr geht es in Oberhof, Ruhpolding und Antholz weiter. Was haben Sie sich für die letzten Weltcups vor Olympia vorgenommen?
Gössner: Ich möchte weitere Schritte nach vorne machen. Das große Ziel ist und bleibt Olympia, dafür tue ich alles. Deswegen habe ich zwischen den Jahren auch noch mal einen Trainingsblock eingeschoben. Es wird kein leichter Weg, aber ich werde mein Bestes geben.
Was halten Sie von der Aussage von Magdalena Neuner, dass Starts im IBU-Cup vielleicht sinnvoller für Sie gewesen wären?
Gössner: Lena meinte, dass ich damit vielleicht weniger Druck gehabt hätte. Aber ich wäre nach meiner Verletzung im IBU-Cup sicherlich genauso im Fokus der Öffentlichkeit gestanden. Dass ich im Weltcup an den Start gehe, war gemeinsam mit den Trainern und den Mannschaftsärzten abgestimmt. Ich denke nach wie vor, dass es die richtige Entscheidung für mich war.
Wie haben Sie denn trainieren können in letzter Zeit?
Gössner: Die Schmerzen begleiten mich den ganzen Tag, sie sind immer da. Sowohl bei den Wettkämpfen als auch im Training muss ich weiter von Tag zu Tag schauen. Ich kann nicht langfristig planen, sondern versuche, mir im täglichen Training kleine Ziele zu setzen. Ich arbeite sehr hart dafür, meine Form kontinuierlich weiter aufzubauen, sowohl am Schießstand als auch in der Loipe.
Wie schwer fällt es, sich trotz der Schmerzen zu motivieren? Würden Sie manchmal am liebsten alles hinschmeißen?
Gössner: Klar gibt es auch manchmal Tage, an denen die Motivation im Keller ist. Aber seit meinem Unfall habe ich schon sehr große Fortschritte gemacht, konnte entgegen der Prognosen bereits in Östersund starten. Das motiviert mich, weiter um eine Olympia-Qualifikation zu kämpfen.
Warum machen Sie nicht einfach eine Pause und werden richtig gesund?
Gössner: Die Ärzte haben mir gesagt, dass ich mit den Schmerzen wohl noch eine Weile leben muss. Das kann unter Umständen Jahre dauern. Wenn ich gewartet hätte, bis ich komplett schmerzfrei bin, wäre meine sportliche Karriere vielleicht schon vorbei gewesen. Medizinisch gesehen, hat nichts dagegen gesprochen, wieder ins Training einzusteigen und Rennen zu absolvieren. Ich werde von unseren Physiotherapeuten und Mannschaftsärzten perfekt betreut. Außerdem bin ich eine Kämpferin und möchte meine Ziele weiter verfolgen. Biathlon macht mir einfach nach wie vor super viel Spaß!
Sie haben die Olympia-Norm noch nicht. Setzt Sie das besonders unter Druck oder können Sie das angesichts der Vorkommnisse und der schweren Zeit, die sie immer noch durchleben, gelassener sehen?
Gössner: Weder die Trainer noch ich selbst fühlen uns unter Druck gesetzt. Wir haben von Anfang an gewusst, dass es nach dem Unfall ein schwieriger und langer Weg werden wird. Da haben wir uns keine Illusionen gemacht.
Glauben Sie, dass Sie bis Sotschi konkurrenzfähig sein werden?
Gössner: Ja, ich bin nach wie vor zuversichtlich, dass ich es schaffen werde!
Und auch bei Olympia 2018 sind Sie dann noch dabei?
Gössner: Daran denke ich noch gar nicht. Das ist noch so weit weg. Aber ich habe nicht vor, meine Karriere schon bald zu beenden.
Zur Person: Olympisches Silber hat Miriam Gössner bereits gewonnen - 2010 mit der Langlauf-Staffel. Zweimal WM-Gold mit der Biathlon-Staffel (2011 in Chanty-Mansijsk und 2012 in Ruhpolding) hat sie ebenfalls geholt. Nach einem schweren Fahrradunfall kämpft die 23-Jährige derzeit um die Olympia-Qualifikation.