Biathlon WM Lisa Theresa Hauser - Der mutige Trotzkopf

Lisa Theresa Hauser ist Österreichs Beste, hat sich aber ohne Unterstützung des Verbandes in einer eigenen Trainingsgruppe auf die Heim-WM vorbereitet.

Mit Salutschüssen einer Schützenkompanie wurde am Mittwoch die Biathlon-Weltmeisterschaft in Hochfilzen eröffnet.

Foto: Martin Schutt

Hochfilzen. Ruhe tut gut. Obertilliach, dieser beschauliche Ort im Osten Tirols, bietet ausreichend Distanz. Um sich zu konzentrieren. Auf das, was jetzt zählt: Mentale Frische, Spritzigkeit und Detailarbeit. Eine Weltmeisterschaft erfordert viel. Noch mehr, wenn sie in der Heimat stattfindet. Lisa Theresa Hauser wohnt in Reith bei Kitzbühel. Während der trubeligen WM-Tage schläft sie einzig vor den Wettkämpfen in Hochfilzen. „Sonst fahre ich nach Hause, es ist ja nur ein halbe Stunde“, sagt die Frau mit den langen blonden Haaren.

Lisa Theresa Hauser ist Österreichs beste Biathletin. Das nationale Gesicht ihrer Sportart. Hoffnungsträgerin. Seit Mai trainiert sie abseits der Mannschaft. Mit Sandra Flunger, einer engen Vertrauten, deren Onkel Alfred Eder und dessen Sohn Simon — als WM-Dritter im Einzel von Oslo ist er der Prominenteste der Biathlonschmiede. So heißt die Trainingsgruppe, nachdem der Österreichische Skiverband (ÖSV) im Frühling den Vertrag mit der 34-jährigen Flunger nicht verlängert, dafür den Norweger Vegard Bitnes als Chefcoach der Frauen verpflichtet.

Lisa Theresa Hauser entscheidet sich für ihre Trainerin seit der Schulzeit, nachdem alle Versuche, einen Mittelweg zu finden, scheitern. „Nicht jeder Sportler ist bereit, sich auf so etwas einzulassen“, sagt Alfred Eder, der seit Jahren zumeist außerhalb der ÖSV-Teams arbeitet. „Es war ein hartes Jahr“, meint Flunger.

Zu hohes Risiko „Es hieß von Anfang an: Entweder ich mache das so, oder ich kann ohne Skiverband trainieren“, sagt Lisa Theresa Hauser. Da fällt ihr die Entscheidung für Flunger gar nicht mehr so schwer. Weil ihr der Zeitpunkt, ausgerechnet jetzt das Training komplett zu verändern, überhaupt nicht passt — und vor der Heim-WM viel zu riskant erscheint.

Im Trainingsprozess kriegen sie alles richtig gut hin, und „die Erfolge sprechen doch für sich“, sagt Hauser. Seit aus der talentierten Langläuferin vor sechs Jahren die Weltklasse-Biathletin wird, geben ihr die kontinuierlichen Fortschritte Sicherheit. Dies mag sie sich nicht nehmen lassen. Auch das macht die Unbeugsame stark. „Das ist natürlich nicht einfach. Das sind alles ältere Männer, ich bin ein junges Mädel“, sagt Lisa Theresa Hauser. „Aber seinen eigenen Weg zu gehen, ist doch auch wichtig im Sport. Egal ob das immer gut ankommt. Wenn einen was stört, muss man das sagen.“ Ein mutiger Trotzkopf.

Dass der Saisoneinstieg in Östersund als Siebte, Fünfte und Sechste vielversprechend läuft, nimmt der Junioren-Vizeweltmeisterin von 2014 Druck. Bis zur WM folgen — trotz eines Infekts über Weihnachten — weitere drei Positionen unter den besten Zehn. Das ist auch das bescheiden formulierte Ziel für Hochfilzen. Mit der Mixed-Staffel heute ist Platz fünf das Ziel. „Vor heimischem Publikum zu laufen taugt mir“, sagt Lisa Theresa Hauser, „eine ruhigere WM habe ich sicher irgendwo im Ausland. Aber ich freue mich riesig und genieße das.“ Wissend, dass Erfolge stets das gewichtigste Argument sind. Für die Zukunft. Für Verhandlungen.

Denn klar ist: „Eine Dauerlösung ist das auf keinen Fall“, sagt Lisa Theresa Hauser. Zur WM aber mag sie keine kraftraubende Diskussion anzetteln, das würde zu sehr ablenken. Auch die Verbandsverantwortlichen wollen sich ihr Fest nicht kaputtmachen lassen.

Kein Zwang Cheftrainer Reinhard Gösweiner gibt sich äußerlich recht gelassen und meint: „Das müssen die Athleten selbst wissen, der Verband gibt Strukturen vor. Wenn das jemand nicht in Anspruch nehmen möchte, weil er glaubt, allein kann er das besser machen, muss er den Weg allein gehen.“ Biathon-Chef Markus Gandler sagt etwas spitzer : „Wenn es jemand nicht will, kann man ihn nicht zwingen. Letztlich geht es ohne ÖSV eh nie.“

Die Biathlonschmiede probiert es auf ihre Weise. Den Sommer über finanziert sich die Trainingsgruppe selbst. Ein Plus für Hauser: Sie ist beim Bundesheer, darf dort mit zu den Trainingskursen fahren. Die Kosten für Munition und Massage bestreiten sie aus eigener Kasse oder übernehmen Sponsoren. Damit kommen sie über den Sommer.

Von November an, fährt Lisa Theresa Hauser mit dem Verbands-Team zu den Weltcuprennen. Vegard Bitnes unterstützt die hervorragende Schützin am Schießstand, das Verhältnis stimmt. Sandra Flunger übernimmt die Wettkampfvorbereitung. Nicht ohne Stolz sagt sie über Hausers Entwicklung: „Früher hat sie weder Gemüse noch Salat gegessen — nur Fleisch oder Nutella-Brötchen. Die ersten Bissen Gemüse hat sie regelrecht runter gewürgt. Mittlerweile ist sie eine Vorzeigeathletin durch und durch. Sie ist ein Glücksfall.“ Ihre größten Stärken: Mut. Und da sein, wenn’s zählt.