Magdalena Neuner: Der Rockstar von Ruhpolding

Begeisterung nach Gold im Sprint und Verfolgungs-Silber.

Ruhpolding. Das Kompliment ist ehrlich. „Es ist spannend und schön, dass ich so eine starke Konkurrentin habe. Wir schenken uns ja gar nichts.“ Magdalena Neuner hat menschlich wie auf der Loipe viel Respekt vor Darja Domratschewa.

„Das Wort Dascha erzeugt schon ein kleines Kribbeln und Gänsehaut“, sagt die Deutsche. Ein Zeichen der Wertschätzung. Am Sonntag hat sie der Weißrussin fair und freundlich gratuliert, nachdem sie im Verfolgungsrennen der Biathlon-WM in Ruhpolding 25,1 Sekunden hinter Domratschewa ins Ziel gekommen war.

Ein Zweikampf erster Güteklasse, ein niveauvolles Duell, bei dem die Frau aus Wallgau bis zum letzten Stehendschießen vorweg gelaufen ist. Dann zwei Fehler, weit daneben — zwei Strafrunden. „Es waren wenige Sekunden, in denen ich Nerven gezeigt habe. Ärgerlich ist es schon.“ Für sie, die es schafft, die Aufmerksamkeit der 28 000 Zuschauer in der Chiemgau Arena auszublenden.

Das erste WM-Gold für Dascha, Silber für Lena. Die Mentalität jener Menschen, die sich damit nicht zufrieden geben wollen, mag sie nicht verstehen. Auch Silber macht glücklich. „Jetzt steht es 1:1. Wenn es eine verdient hat, dann Darja“, sagt Magdalena Neuner. Weil sie der Konkurrentin den Weg frei gemacht hatte.

Trotzdem: Der Neunersche Medaillensatz ist zur Halbzeit komplett. Magdalena Neuner, das Phänomen. Die Athletin, die fasziniert. Die Frau, die begeistert. Ihr Sprint zu Gold am Samstag ist das Thema. Ein perfektes Rennen, das nachhaltig in Erinnerung bleibt. „Ich bin sehr nah dran an den hundert Prozent“, hat Magdalena Neuner nach ihrem elften WM-Titel gesagt.

Sie ist der Mittelpunkt der WM. Immer beobachtet, ständig fotografiert, meist befragt, selten allein. Dennoch gelingt Magdalena Neuner das Meisterstück, ihre offensive Zielvorgabe zu realisieren. „Das passt alles zu einem richtig schönen Märchen. Es ist phänomenal, wie sie die Leistung abrufen kann“, sagt Ricco Groß. „Sie bringt auch mich als Trainer dazu, sprachlos zu sein“.

Ihr Anspruch ist, das Maximum aus sich selbst herauszuholen. Sie sagt: „Ich möchte wenigstens im Griff haben, was ich mache.“ Am Schießstand blendet Neuner die imposante Zuschauer- und Geräuschkulisse aus, auf der Strecke genießt sie die lauten Anfeuerungsrufe. Noch maximal sechs Rennen, dann ist Schluss. „Für mich ist es einfach Genuss pur, im eigenen Lande zu sein“, sagt sie und freut sich auf die Zeit danach. Ohne Rummel und Interviews.