Neuners WM-Abschiedsparty: „Danke Magdalena“
Ruhpolding (dpa) - Ruhpolding verneigt sich vor seiner Biathlon-Königin: Auch wenn Magdalena Neuner im letzten WM-Rennen ihrer Karriere überraschend keine Medaille gewann, wurde die Rekord-Weltmeisterin gefeiert wie ein Popstar.
Bei ihrem letzten Auftritt auf heimischem Boden musste sich Neuner im Massenstart mit Platz zehn zufriedengeben. Nach sechs Schießfehlern rutschte die Rekord-Weltmeisterin etwas geknickt über die Ziellinie. Die 28 000 Fans in der „ChiemgauArena“ feierten ihren Liebling dennoch: „Danke Lena“ hallte es durch das weite Rund.
Und die 25-Jährige gab den Dank zurück. „Diese WM war ein besonderes Highlight für mich. Ich möchte allen Fans von Herzen Danke sagen“, rief die 25-Jährige den Zuschauern auf den Rängen zu.
Den Sieg im letzten Rennen der WM sicherte sich die Norwegerin Tora Berger, die damit ihr drittes Gold holte. Zweite wurde Marie Laure Brunet aus Frankreich vor der Finnin Kaisa Mäkäräinen. Als beste Deutsche kam Tina Bachmann auf Platz vier ins Ziel. Andrea Henkel landete auf Rang zwölf.
Für Magdalena Neuner bleibt die Heim-WM trotz des medaillenlosen Sonntags ein unvergessliches Erlebnis. Mit Gold in der Staffel und im Sprint, Silber in der Verfolgung sowie Bronze in der Mixed-Staffel schraubte sie ihre WM-Medaillensammlung auf 17 Plaketten, zwölf davon in Gold. Damit rückte das Covergirl der deutschen Biathleten in der „ewigen“ Bestenliste der erfolgreichsten WM-Skijäger hinter Ole Einar Björndalen auf Rang zwei.
„Es war eine tolle WM. Ich bin stolz auf mich, dass ich das vom Kopf so gut gemeistert habe und das so gut durchgezogen habe. Es waren zwei brutale Wochen. Ich glaube, niemand kann sich vorstellen, wie es ist, die Spannung so lange aufrecht zu halten und noch dazu, wenn man Magdalena Neuner heißt“, sagte die Wallgauerin.
Alle Fans hatten auf das Finale furioso ihres Lieblings gehofft. Doch Magdalena Neuner leistete sich unerwartete Schwächen am Schießstand. Am Ende schien sie der Druck etwas zu hemmen. „Traurig bin ich nicht, weil jetzt der ganze Druck von mir abfällt. Ich muss mir nichts mehr beweisen“, sagte die erfolgreichste deutsche Skijägerin und bekannte: „Bei mir ist jetzt etwas die Luft raus.“
Bereits am Samstag in der Staffel hatte die Ausnahme-Biathletin gewackelt und musste in eine Strafrunde. Aber ihre Teamkolleginnen Tina Bachmann, Miriram Gössner und Andrea Henkel merzten den Fehler aus und schenkten Neuner mit Gold ihren zwölften WM-Titel. „Ein ganz besonderer Titel. Die Mädels haben gezeigt, dass die Lücke doch nicht so groß ist, wie viele denken“, sagte Neuner.
Selten bewegte das nahende Karriereende einer Sportlerin die Nation so, wie das von Neuner im zarten Alter von 25 Jahren. Weil die fesche Bayerin ihren Abschied schon im Dezember angekündigt hatte, waren die elf WM-Tage in den Chiemgauer Alpen in Wirklichkeit die „Magdalena-Neuner-Festspiele“.
Diese Bühne war wie maßgeschneidert für Deutschlands Sportlerin des Jahres. Das Märchen von der Winterkönigin, die sich ein normales Leben wünscht, wurde in dem 6500-Seelen-Dorf geschickt in Szene gesetzt. Magdalena Neuner war allgegenwärtig, hatte immer flotte Sprüche und ein Lächeln auf den Lippen, selbst im größten Stress.
Sportlich begann ihre Abschiedstour vor heimischem Publikum mit Bronze in der Mixed-Staffel. Nach Sprint-Gold war die WM für sie gerettet. „Weltmeisterin im eigenen Land zu werden, das war mein Traum. Das war Gänsehaut pur“, sagte sie. Für viele „nur“ Silber gab es im Verfolger, als sie am Schießstand patzte. Im Einzel-Wettbewerb am vergangenen Donnerstag ging dann gar nichts - Neuner kam auf Rang 23.
Doch selbst in der Niederlage zeigte sie Witz, Charme und Größe - genau deshalb ist sie zu der geworden, die sie ist. Wer hätte das gedacht, als sie 2007 in Antholz auf der großen Biathlon-Bühne auftauchte und Herzen im Sturm eroberte. Nach ihren ersten drei WM-Titeln sei sie nahe am Burn-Out gewesen, gestand sie später ein. Jeder habe etwas von ihr gewollt - erst später habe sie gelernt, „Nein„ zu sagen.
Bei Olympia 2010 gewann Neuner zweimal Gold, das große Glücksgefühl stellte sich angesichts des „Herumgezerre“ jedoch nicht ein. Auch deshalb wird die Sport-Millionärin bei den nächsten Winterspielen nicht dabei sein. Auch wenn der Stress in Ruhpolding für sie nicht viel weniger war, nahe der Heimat war alles schöner, besser und leichter zu ertragen.
Am nächsten Wochenende will sie in Chanty-Mansijsk zum dritten Mal den Gesamtweltcup gewinnen. „Die Saison“, sagte sie, „ist erst vorbei, wenn ich am Sonntagabend in Chanty in der Disco stehe.“ Dann ist die Biathletin Magdalena Neuner Geschichte.