Ruhpolding außer Rand und Band: Neuner holt WM-Gold
Ruhpolding (dpa) - Der Druck war groß. Fast alle der 28 000 Fans in Ruhpolding erwarteten nur eins: Gold von Biathlon-Superstar Magdalena Neuner. Und die Rekord-Weltmeisterin hielt den Erwartungen stand.
In beeindruckender Manier holte sie ihren elften WM-Titel.
Neuner war nach ihrem Triumphlauf einfach nur überwältigt. „Das war Gänsehaut pur. Es ist ein unglaubliches, unbeschreibliches Gefühl. Einen schöneren Abschied vom Biathlon kann es nicht geben“, sagte die 25-Jährige nach ihrem phänomenalen Sieg im WM-Sprint von Ruhpolding. Zuvor hatte sie die 28 0000 Zuschauer in der proppevollen ChiemgauArena mit einer weiteren Demonstration ihrer Extra-Klasse in Ekstase versetzt. „Lena, Lena, Lena - oh wie ist das schön“, skandierten die Fans. Thomas Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees, ließ sich die Blumenzeremonie nicht entgehen und herzte Neuner.
Mit ihrer WM-Goldmedaille um den Hals ist Neuner auch bei der abendlichen Siegerehrung im Champions Park von Ruhpolding überschwänglich gefeiert worden. „Ich habe es genossen, es war echt ein tolles Gefühl. Ich habe es mir ja gewünscht, die deutsche Nationalhymne zu hören, hier in Deutschland“, sagte die Rekord-Weltmeisterin.
Fehlerlos und souverän am Schießstand, schnell in der vom aufgeweichten Schnee tiefen Loipe - mit 15,2 Sekunden Vorsprung verwies Neuner die Weißrussin Darja Domratschewa auf den Silberrang. Dritte wurde Wita Semerenko aus der Ukraine (+ 37,6). „Da fehlen einem die Worte. Mit welcher Kaltschnäuzigkeit sie das vor allem am Schießstand gemacht hat, unglaublich“, kommentierte Damen-Coach Gerald Hönig das perfekte Rennen seiner zum Saisonende zurücktretenden Vorzeige-Athletin.
Für Deutschlands „Sportlerin des Jahres“ war es die 15. WM-Medaille in ihren fünf Jahren im Biathlon-Zirkus. 16 Tage vor ihrem letzten Rennen beim Weltcup-Finale in Chanty-Mansijsk verteidigte sie ihren Sprint-Titel, den sie 2011 in Sibirien gewonnen hatte. „Das war wirklich ein perfektes Rennen“, meinte Neuner. Sie hat nun in der Verfolgung allerbeste Chancen, das Titel-Dutzend voll zu machen. Keine guten Aussichten haben dagegen Tina Bachmann (Platz 22/1:55,3 Minuten zurück/3 Schießfehler), Franziska Hildebrand (29/2:24,1/1), Andrea Henkel (34/2:36,9/3) und Miriam Gössner (37/2:49,0/4), die es allesamt nicht unter die Top 20 schafften. „Diese Ergebnisse sind schon ernüchternd“, bekannte Hönig.
Magdalena Neuners Erfolgsrezept ist simpel und schwer zugleich. „Ich bin mit einem Schmunzeln im Gesicht in dieses Rennen gegangen. Das habe ich von der ersten bis zur letzten Sekunde mitnehmen können. Das war heute mein Trumpf“, sagte die Wallgauerin. Dem unglaublichen Druck, auch von ihr selbst auferlegt, hielt die 25-Jährige in fast schon spielerischer Weise stand. „Das habe ich mir über die Jahre hart erarbeitet. Das ist jetzt der Lohn dafür“, sagte die Bayerin, die mit einem Dauergrinsen die zahllosen Interviews absolvierte. Nach Bronze in der Mixed-Staffel ist Neuner bei ihrer Jagd nach sechs Medaillen in allen sechs Wettbewerben im Soll.
In der oberbayerischen Frühlingssonne gewann Neuner auch die Materialschlacht im tiefen Schnee. „Da habe ich unseren Technikern voll vertraut.“ Locker, leicht und gut gelaunt winkte Neuner kurz vor dem Start noch einmal in die Fernsehkameras. Ohrenbetäubend war der Jubel, als sie sich auf die Strecke machte. „Bei dem tiefen Schnee ist es gut, von den Leuten getragen zu werden. Es war so toll, wie das ganze Stadion getobt hat. Es hat Spaß gemacht“, erzählte die Bayerin, der der Sprint-Weltcup nun nicht mehr zu nehmen ist.
Mucksmäuschenstill war es, als Neuner erstmals an den Schießstand kam. Fünf Schuss, fünf Treffer - die Favoritin räumte alle Scheiben sauber ab. Doch auch die vor ihr gestartete Konkurrenz blieb fehlerfrei. Domratschewa, Semerenko oder Ekholm - sie alle trafen auch im Stehen.
Aber Neuner war auch bei ihrem zweiten Auftritt am Schießstand die Ruhe in Person. Fünf Schuss und wieder fünf Treffer. „Oh, wie ist das schön!“, hallte es durch die Arena. „Es war ein unglaubliches Gefühl, als beim letzten Schießen die letzte Scheibe gefallen ist“, sagte die Siegerin.