Jüngster Bob-Weltmeister: Friedrich düpiert Elite

St. Moritz (dpa) - Erst als sein Bruder David 2005 mit dem Viererbob in Altenberg schwer stürzte und drei Wochen im Koma lag, versuchte sich Francesco Friedrich als 16-Jähriger an den Lenkseilen. Sechs Jahre später ist er der jüngste Weltmeister der Bob-Geschichte.

Nach seinem ersten Weltcupsieg wurde er schon „Franz der Starke“ genannt, nach seinem historischen Gold-Erfolg bei der Bob-WM taufte ihn sein Heimtrainer „Friedrich der Große“. Der coole Francesco Friedrich hat die komplette Elite geschockt und sich zum jüngsten Zweierbob-Weltmeister in der 83-jährigen WM-Geschichte gekrönt.

Der 22-Jährige vom SC Oberbärenburg verwies in St. Moritz mit Stammanschieber Jannis Bäcker am Sonntag nach vier Läufen den Schweizer Topfavoriten Beat Hefti mit 0,56 Sekunden Vorsprung auf Rang zwei. In 4,98 Sekunden holte Friedrich auch noch den Startrekord, den der Schweizer dann im Teamwettbewerb mit 4,96 Sekunden zurückeroberte. Dort holte Friedrich dann mit Deutschland I noch Silber hinter den USA.

„Jetzt bin ich bei den Großen angekommen, hier hat einfach alles gepasst“, sagte Friedrich, dessen Freundin und Familie zu den ersten Gratulanten gehörten. Sie waren nach dem furiosen Auftakt noch in der Nacht von Pirna nach St. Moritz gefahren.

Der sonst zurückhaltende Junioren-Weltmeister, der laut Heimtrainer Gerd Leopold eine „coole Sau und zugleich das größte Talent, das ich je in den Händen hatte“ ist, wurde von seinen Gefühlen überwältigt. Sein Sponsor machte eine Prämie von 10 000 Euro locker.

Friedrichs Erfolgsgeschichte ist unglaublich: Erst das Missgeschick vor einem Jahr, als Bäcker in St. Moritz beim ersten Schritt ausrutschte und er allein im Ziel ankam. Dann die Erinnerungen an die schweren Unfälle. Am 10. Dezember 2005 war Bruder David in Altenberg mit seinem Viererbob gestürzt und hatte schwere Kopfverletzungen erlitten. Daraufhin ging der fünf Jahre jüngere Francesco an die Lenkseile. Aber auch er stürzte knapp ein Jahr später in Altenberg schwer. David brach sich dabei als Bremser einen Rückenwirbel. Anfang Januar holte Friedrich in Altenberg seinen ersten Weltcupsieg.

„Sicher eine schwierige Zeit damals, doch abgeschreckt hat uns das nicht, wer Angst hat, ist schon verloren“, erinnerte er sich. Mit 22 Jahren und 270 Tagen ist Friedrich nun noch jünger als der Schweizer Reto Capadrutsch, der 1935 in Innsbruck mit 22 Jahren und 334 Tagen WM-Gold im kleinen Schlitten gewann.

„Ich dachte bei dem großen Vorsprung fährt er auf Sicherheit, doch dann hauen die beiden noch einmal Startbestzeit raus, unglaublich, man muss die Jungen einfach drauf loslassen“, meinte Cheftrainer Christoph Langen.

Tränen vergoss hingegen Thomas Florschütz, der nach einem völlig verkorksten Samstag noch WM-Bronze rettete. „Es ist alles so bitter, hier wäre so viel mehr dringewesen. Ich kann es alles nicht fassen“, meinte der Olympia-Zweite von 2010. Er musste ohne seinen verletzten Stammanschieber Kevin Kuske auskommen.

Bei den Frauen hatte sich die dreifache Weltmeisterin Sandra Kiriasis bei der Kufenwahl verpokert, doch mit Bronze feierte sie einen versöhnlichen WM-Abschied. „Es ist natürlich Mist, wenn man sich im Material vergreift, so wie wir am ersten Tag. Aber ich bin glücklich mit Bronze“, meinte die 38 Jahre alte Kiriasis, die ihre einzigartige Karriere nach den Olympischen Winterspielen in Sotschi beenden möchte.

Mit Anschieberin Franziska Bertels hatte sie 0,70 Sekunden Rückstand auf die Kanadierin Kaillie Humphries. Zweite wurde Elana Meyers aus den USA. Platz vier wie im Vorjahr ging an Cathleen Martini aus Oberbärenburg mit Stephanie Schneider. Die Erfurterin Anja Schneiderheinze kam mit Lisette Thöne auf Rang fünf. Mit Platz sieben bei ihrem WM-Debüt erfüllte Junioren-Weltmeisterin Miriam Wagner aus Riesa mit Bremserin Franziska Fritz voll die Erwartungen.