Martinis letzte Bobfahrt nach 15 emotionalen Jahren
Winterberg (dpa) - Sie flippte bei Siegen völlig aus und weinte nach Niederlagen manchmal bittere Tränen. Nach 15 Jahren in den Eiskanälen will Cathleen Martini ihre letzte Bobfahrt nur noch genießen.
„Da ist dieses besondere Feeling, die Endorphine die da rauskommen. Die will ich etwas konservieren. Denn ich finde es fast schade, dass die letzten Wochen so schnell verflogen sind“, sagt Cathleen Martini.
Sie weiß, dass dieser Moment des Abschieds am Samstag bei der WM in Winterberg kommen wird. Und sie ist nach all den Höhen und Tiefen ihrer langen Karriere darauf vorbereitet: „Der Sport zeigt die schönsten und ehrlichsten Emotionen, in den ersten Sekunden kannst du am Sportlergesicht so viel ablesen, was da in dem Körper wirklich los ist und was im Kopf abgeht.“
Die Sächsin aus Oberbärenburg, die nach eigener Aussage nur mit einem Lachen erfolgreich sein kann, überraschte im Eiskanal immer wieder. Sie arbeitete sich nach sportlichen Niederlagen, nach spektakulären Stürzen wie 2010 in Whistler immer wieder zurück. Auch der Zickenkrieg mit Sandra Kiriasis wegen der zu ihr gewechselten Anschieberin Romy Logsch wurde verarbeitet.
Hart traf sie der tödliche Unfall ihrer damaligen Anschieberin Yvonne Cernota 2004 bei einer Pilotenschulung in Königssee. Sieben Jahre später raste sie genau auf dieser Eispiste zu ihrem ersten WM-Titel und schickte noch im Bob sitzend bei der Zielausfahrt unter Tränen ein Küsschen für ihre verunglückte Partnerin in den Himmel.
Ihre letzte Weltcup-Saison begann mit Rückschlägen. Nach verpasster Startnorm, die nach der Olympia-Pleite eingeführt worden ist, wurde sie nicht mehr für den Weltcup berücksichtigt, musste im zweitklassigen Europacup fahren - gewann aber. Auf ihr Fahrgefühl, für sie immer „Popometer“ genannt, konnte sie sich verlassen. Cheftrainer Christoph Langen gab ihr noch eine Chance: „Sie ist immer noch die beste Pilotin.“ Martini nutzte diese mit dem Sieg in Königssee und Platz zwei in St. Moritz.
Bei ihrer zehnten WM will sie nochmal eine Medaille holen. Nach zwei von vier Läufen liegt sie auf Rang drei. Doch sie weiß, dass die Schnellstarterinnen auf dieser Bahn einen Vorteil haben. Mit Anschieberin Stephanie Schneider hat sie sich „ein bisschen gefunden“. „Auch wenn Stephanie den Bob oft aushebt und ihn die ersten Meter oft tragen will“, meinte Martini.
Allerdings hat die Starterbahn im Hochsauerland auch Vorteile: „Sie ist kürzer und steiler und kommt uns etwas entgegen als die anderen Startstrecken. Denn Stephanie ist ein Abrisstier und ich bin nicht unbedingt als Gazelle oder Leopard laufschnell am Start bekannt.“
In der Bahn ist die Sächsin voll in ihrem Element. „Eine Minute auf sich allein in diesem Gefährt im Eiskanal zu sitzen, ist einfach unbeschreiblich“, meint Martini, die vom Bobsport nicht loskommen wird: „Dafür finde ich den Sport einfach zu geil. Ein Trainerjob ist aber nichts für mich.“ Doch die ein oder andere Gäste-Fahrt auf ihrer Heimbahn in Altenberg wird es noch geben.
Im Rückblick ihrer Karriere hadert sie mit der verpassten Olympia-Medaille. Sonst hat sie alles in ihrem Trophäenschrank. „Schade, dass ist eigentlich die Medaille, die am meisten zählt. Zumindest kommen die meisten damit in die Geschichtsbücher. In Winterberg soll sich ihr nun Kreis schließen. 2003 begann mit WM-Bronze ihre Laufbahn.
Danach gibt es neue Prioritäten. Neben der Familienplanung will sie endlich ihren Freunden und der Familie etwas zurückgeben. „Sie mussten immer für mich zurückstecken. Trotzdem habe sie mir immer die Treue gehalten“, betont sie. In St. Moritz beim Bob-Weltcup endlich mal Skifahren ist ein erstes Ziel.