Eisschnelllauf: Auch Damen-Team verpasst Olympia
Berlin (dpa) - Claudia Pechstein winkte traurig ins Publikum und Monique Angermüller schüttelte immer wieder ihren hochroten Kopf. Das „Wunder von Berlin“ war ausgeblieben. Auch das deutsche Eisschnelllauf-Trio der Damen hat beim Weltcup in Berlin die Olympia-Qualifikation verpasst.
Einen Tag nach der Pleite der Herren belegten Pechstein, Angermüller und Jennifer Bay in 3:05,86 Minuten am Sonntag in der Teamverfolgung den deprimierenden neunten Platz und verfehlten klar die Sotschi-Fahrkarte.
Für das Erreichen der Qualifikation wäre zumindest ein zweiter Platz beim Heimspiel nötig gewesen. „Was soll ich machen, ich habe vier von sechs Runden geführt. Ich kann nicht sechs Runden führen, dann wäre es kein Teamrennen“, sagte Pechstein und attackierte die Trainer, die zu wenig Teamtraining angesetzt hatten. „An den Sportlern hat es nicht gelegen, sondern an der Struktur und den Trainern“, kritisierte sie.
Bereits vor dem Rennen hatte Pechstein unmissverständlich die Ursachen der anhaltenden Talfahrt des deutschen Eisschnelllaufs angesprochen. „Es ist erschreckend“, sagte die fünfmalige Olympiasiegerin und machte das fehlende Engagement des Nachwuchses für den Abwärtstrend verantwortlich. Bei den meisten fehle es an der grundsätzlichen Einstellung, sich quälen zu wollen. „Manche Wettkämpfe werden weggelassen, weil die Belastung angeblich zu hoch ist“, kritisierte Pechstein in einem Interview der „Bild am Sonntag“.
Viele Sportlerinnen vertrauten blind ihren Trainern. „Doch bei manchen Trainern habe ich das Gefühl, dass sie im Kopf abgeschlossen haben und ihre Tage bis zur Rente zählen“, attackierte Pechstein indirekt auch Mehrkampf-Bundestrainer Stephan Gneupel, der mit 65 Jahren nach den Olympischen Spielen aufhört.
In Berlin hatte die mit 41 Jahren älteste Eisschnellläuferin der Weltelite erneut für das Highlight aus deutscher Sicht gesorgt. Nach Rang zwei über 3000 Meter war sie zum vierten Mal in dieser Saison auf das Siegertreppchen geklettert und hatte ihren 105. Podestplatz im Weltcup erkämpft. „Ich hoffe, die Form hält bis Sotschi, damit ich dort meine zehnte Olympia-Medaille holen kann“, meinte sie.
Blass und traurig waren die deutschen Herren vom Eis geschlichen. Zwar hatten Patrick Beckert, Robert Lehmann und Alexej Baumgärtner mit Platz fünf das beste Ergebnis dieses Winters erzielt, dennoch sind sie wie schon vor vier Jahren beim Olympia-Konzert der besten Eisschnelllauf-Teams nur Zaungast. Damit haben nur zwölf Athleten die Sotschi-Norm erfüllt.
„Ich verspüre eine Riesenenttäuschung, dass wir nun bei den beiden attraktiven Team-Wettbewerben in Sotschi nicht dabei sind“, bedauerte Verbands-Präsident Gerd Heinze. Auch er weiß nicht mehr, wie die mit dem Deutschen Olympischen Sportbund vor vier Jahren ausgehandelte Zielvorgabe von fünf Medaillen in Sotschi zu erreichen sein soll. „Wo wollen wir die denn holen? Die Vorstellung des Verbandes ist lustig. Jenny Wolf und ich können die Eislaufnation nicht allein retten“, meinte Pechstein sarkastisch.
Der verpasste Team-Platz der Herren war ein weiterer schwerer Rückschlag, auch wenn das komplizierte Reglement die Deutschen nicht gerade begünstigt hatte. „Ich kann es noch gar nicht glauben“, stöhnte der Chemnitzer Baumgärtner. „Wir haben die Tickets nicht hier verloren. Der Knackpunkt war Calgary, aber wir müssen auch jetzt als Team auftreten und die Fakten akzeptieren“, meinte Robert Lehmann, nachdem die Ausgangssituation weit besser schien als bei den Damen.
Nach den Saisonrängen neun, sechs und fünf landeten die Deutschen im Klassement auf Platz sieben. Da aber nur sechs Plätze über die Weltcup-Reihung vergeben wurden, fehlten am Ende ganze sechs Punkte. Dazu wurden zwei Tickets über das Time-Ranking vergeben, dort waren die Deutschen Zweiter, mussten aber Russland als Gastgeber die Startberechtigung überlassen. „Jetzt ist das Olympia-Team festgezurrt“, meinte Gerd Heinze, nachdem am Sonntag die Inzellerin Gabriele Hirschbichler mit Platz 15 über 1000 Meter in letzter Sekunde auf den Olympia-Zug aufgesprungen war.